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gehört, ganz verworfen. Man hat daher zu fragen: Was ist ein Gelübde und ist es von Gott zugelassen, ja ihm wohlgefällig?

 Ein Gelübde ist ein ganz freiwilliges Versprechen, etwas Gott zuliebe zu thun oder zu lassen, entweder ohne entsprechende Gegenleistung von Gott oder mit einer solchen. Man kann ein Gelübde thun zu einer besonderen Bethätigung der Hingabe an Gott, z. B. nach empfangenen Wohlthaten, oder als Motiv für eine zu erlangende Gebetserhörung. Ps. 66, 13–15; 22, 26; 116, 12–19. Mit dem Gelübde bindet sich der Christ in gesetzlicher Weise. Das Gesetzliche ist aber hier kein Hindernis der evangelischen Freiheit, weil etwas Selbstauferlegtes.

 Im Alten Testament haben wir Beispiele genug, daß das Gelübde Gott wohlgefällig ist. Ein alttestamentliches Institut ist das Nasiräat. Es hatte das Nasiräatsgelübde (Enthaltung vom Wein und von allem, was vom Weinstock kommt, und Wachsenlassen des Haupthaares) zur Voraussetzung, Num. 6, 3 etc. Es galt entweder für die ganze Lebensdauer, Richt. 13, 5; 1. Sam. 1, 11, oder für eine bestimmte Zeit, Num. 6, 5.

 Andere Gelübde: Ein solches thut Jakob, Gen. 28, 20; 31, 13; Hanna, 1. Sam. 1, 11; Jona 2, 10; die heidnischen Schiffsleute, Jona 1, 16. (Die Rechabiten, Jerem. 35, 6, enthielten sich des Weins im Gehorsam gegen das Gebot ihres Vaters. Verwandt ist Sauls Beschwörung, 1. Sam. 14, 24.) Jephtha thut ein unbesonnenes Gelübde, Richt. 11, 30. Im Neuen Testament thut St. Paulus, der Apostel der evangelischen Freiheit, ein Gelübde und zeigt damit, daß es in der Freiheit eines Christenmenschen stehe, Gelübde zu thun, Akt. 18, 18; 21, 24. Es war kein Nasiräatsgelübde, obwohl ein demselben ähnliches, aber ein Privatgelübde.

 Im Alten Testament gibt es Gelübdeopfer, neben den freiwilligen Opfern genannt, aber auf die Zukunft bezüglich, was man erst zu thun gedenkt. Gelübde braucht man nicht zu thun; sie nicht thun ist nicht Sünde; aber die man gethan hat, muß man halten, Lev. 22, 17 etc.; Deut. 23, 21; Num. 30, 3; Ps. 50, 14; 116, 14; Pred. 5, 3.

 Gelübde sind erlaubt auch nach den Symbolen der lutherischen Kirche mit der nötigen Vorsicht und Einschränkung. Sie sollen in möglichen Sachen geschehen, d. h. die der Mensch in seiner Hand hat, willig, ungezwungen, wohlbedacht (Conf. Aug. XXVII, pag. 60, 28 etc.). Den Klostergelübden fehlen fast durchweg diese