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Treiben straft, entgegentritt; daher diese Antipathie gegen das ihr Fremdartige. Wäret ihr von der Welt, sagt der HErr, so hätte die Welt das Ihrige lieb, aber eben darum, daß ich euch von der Welt herauserwählt habe, darum haßt euch die Welt. Gerade die Fremdlingschaft der Christen in der Welt, die heilige Besonderheit ihrer Lebensweise, durch die sie sich unterscheiden von dem gewöhnlichen Thun und Treiben der Welt, ist für die Welt eine stumme, aber doch laut zeugende Strafpredigt, cf. Joh. 16, 20. Die Welt freut sich über das, was den Christen Ursache zur Trauer ist. Damals nämlich hat sich die Welt gefreut, daß es ihr scheinbar geglückt ist, Christum aus der Welt zu räumen, das will die Welt heute noch, Christum aus der Welt schaffen, das Christentum aus der Welt räumen. Wo es ihr scheinbar gelingt, da feiert sie Triumph. Für Christen ist eine solche Verfolgungszeit eine Zeit des Wehes und der Anfechtung.

 Auch der Teufel verhängt, nicht unmittelbar, aber unter Gottes Zulassung Kreuz und Leiden. So z. B. bei Hiob, den der Satan sozusagen unmittelbar, wenn auch unter Gottes Zulassung, schlagen und dem er alles Leid anthun darf, bis zu einer von Gott gezogenen Grenze, die er nicht überschreiten darf. Auch dämonische Leiden und Krankheiten gehören hierher, wie der Apostel Paulus von sich sagt, 2. Kor. 12, 7.

 Auch das Fleisch kann Ursache des Kreuzes sein, wenn der Mensch in Krankheit, Leibesnot kommt, um des ihm einwohnenden allgemeinen sündlichen Verderbens willen, oder wegen eines besonders hervortretenden Schadens derselben, so daß der Christ schwer an seiner Natur zu tragen hat, Röm. 7, 24. So ist all dies leibliche natürliche Elend auch Kreuz im weiteren Sinn des Worts.

 Natürlich ist in allem die oberste Ursache des Kreuzes Gott der HErr selber, Hebr. 2, 10; 1. Kor. 10, 13, nur daß ein Unterschied besteht zwischen solchen Leiden, die Gott nur zuläßt, und solchen, die er selber über den Menschen sendet, in welchem letzteren Fall er dann die unmittelbare und direkte Ursache des Leidens ist. Es gehört hierher die sechste Bitte. Es ist dort nach Luthers Auslegung die Rede von den Versuchungen, die zur Anfechtung gereichen, bei welchen Gott nicht der unmittelbare Urheber ist, bei welchen sein Wille sich beschränkt auf die Zulassung, denn es heißt ja in der Auslegung: Wir bitten Gott, daß er uns wolle behüten und erhalten, auf daß uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge u. s. w. Diese Versuchungen läßt er zu. Es gibt aber auch Prüfungen, die er verhängt. Die Bibel hat