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läßt, sondern sich als Ziel der Bildung setzt, eine harmonische Übung und Fertigkeit aller Kräfte Leibes und der Seele zu erlangen.

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 Diese Hoffnung wirkt Todestrost für den Christen selbst und rücksichtlich seiner Angehörigen. Die tröstende, beruhigende Kraft dieser Hoffnung ist hervorgehoben 1. Thess. 4, 13–18. Es ist die Rede von dem Trost des Christen über den Verlust der Abgeschiedenen, der liegt darin, daß sich der Christ sagen darf: wenn der HErr wiederkommt, werden sie auferstehen, wir werden ihnen nicht einmal zuvorkommen, sondern sie uns, indem wir erst nachher verklärt werden, wenn sie schon auferstanden sind. Im rationalistischen Zeitalter, welches die größte Dürre und eine mehr als prosaische Nüchternheit in der Auffassung der Dinge mit einer thränen- und seufzerreichen Sentimentalität vereinigte, glaubte man aus dem Schiffbruch des Todes die wertvollste Ladung gerettet zu haben, wenn man festhielt an dem Wort „Unsterblichkeit“. Was ist zu jener Zeit gesprochen und gepredigt worden über das Thema: Es gibt ein Wiedersehen jenseits! Eine pure Fortdauer der Seele ist ein äußerst matter und dürftiger Todestrost. Die Unsterblichkeit allein ist kein besonders tröstlicher Gedanke. Wie anders redet doch die heilige Schrift, wenn sie von einer ewigen Seligkeit, einer ewigen und über alle Maßen wichtigen Herrlichkeit spricht! Das ist etwas anderes als dieser matte Unsterblichkeitsgedanke, da man nicht weiß wo? und wie? Beim Christen lautet es bestimmt: Daheim beim HErrn! Aber doch ist selbst diese Gewißheit von der Seligkeit der Seele noch nicht der volle Todestrost, denn Grab und Verwesung fordert noch einen Trost, und dieser liegt in der Hoffnung und Gewißheit der Erlösung des Leibes vom Tod durch die Auferstehung. Diese Hoffnung läßt den Christen auch die herbsten und bittersten Verluste verschmerzen, eben weil er weiß, daß er alles, was er hier verliert, doch reichlich, hundertfach (Luk. 18, 29–30) wiederfindet und zwar über ein Kleines, Joh. 16, 16 ff. Die herbsten und bittersten Verluste sind ja die der Lieben, der nächsten Angehörigen. Der Weltmensch hat da keine Hoffnung. Der Ungläubige muß sich trösten damit, daß sein Staub vereinigt wird mit dem Staub derer, die er liebt. Das ist sein ganzer Trost. Aber der Christ weiß, daß über ein Kurzes ihm ein Wiedersehen in Aussicht steht und zwar in einem herrlichen verklärten Zustand und daß er nicht verloren hat, was er hat hergeben müssen, daß nur das Auge in den Zustand der Entbehrung versetzt ist, daß der Erdkreis, die Stätte seines gegenwärtigen Lebens, ihn zwar weit entfernt