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Harmonie steht, so auch mit sich selbst, und hieraus entspringt eine Quelle der Seligkeit, denn die Seligkeit ist ein Zustand, welcher aus vielen Quellen entspringt. Der Gewissensfriede, der dann im höchsten Maße vorhanden zu denken ist als eine feierliche Sabbathstille im Menschen, die nur unterbrochen ist durch das laute Zeugnis von unserer Gotteskindschaft und dem Wohlgefallen Gottes an uns, dieser Gewissensfriede ist ja auch eine Quelle der Seligkeit. Wie es hier schon beseligend ist für den Menschen, wenn er ein gutes Gewissen hat, so ist dort eine Ursache der Seligkeit das Bewußtsein der im höchsten Maße vorhandenen Rechtbeschaffenheit, das Zeugnis von dem vollkommenen Wohlgefallen Gottes an uns. Der Mensch ist ja dann so, wie ihn Gott will, und diese Übereinstimmung des Wollens mit dem Sein, diese Selbstbejahung ist eben die Heiligkeit und Vollkommenheit. So ist auch bei Gott die Heiligkeit definiert. Hier auf Erden müssen wir uns verneinen: „Ich bin nicht so, wie ich sein soll, ich will nicht so, wie ich bin, ich thue, was ich nicht will; aber was ich will, thue ich nicht.“ Dort ist davon nicht mehr die Rede.

 Mit dem einzelnen ist auch die Kirche zur Vollendung gelangt. Es ist aus ihr geworden die Braut des HErrn, die herrlich ist, ohne Flecken und Runzeln, Eph. 5, 27. Die geschmückte und bereitete Braut des Lammes, Off. 21, 2, eingehüllt ins weiße Kleid der Gerechtigkeit, Off. 19, 8.

 Dieser sittlichen Vollendung des Christen oder, wie man dafür sagen kann, dieser nun von ihm erreichten Heiligkeit entspricht dann auch die Herrlichkeit; denn die Seligkeit steht zwar in keiner Verbindung mit der sittlichen Arbeit und Leistung des Menschen, wohl aber die Herrlichkeit. Übrigens sind Herrlichkeit und Heiligkeit innig verwandt. Heiligkeit ist die nach innen gekehrte Herrlichkeit, Herrlichkeit ist die nach außen gekehrte Heiligkeit, wie Oetinger sagt. Während das Ziel, welches die Dogmatik zeigt, die Seligkeit ist, ist das Ziel, wie es die Ethik zeigt, die Vollendung zur Herrlichkeit und Heiligkeit. Daß die Herrlichkeit im Verhältnis zur sittlichen Leistung des Menschen steht, daß es Stufen in der Herrlichkeit gibt, daß trotz alledem der Lohn, von dem hier die Rede ist, doch ein Gnadenlohn ist, an welchem die Gnade Gottes ebensoviel Anteil hat als seine Gerechtigkeit, wenn man nicht sagen kann: mehr – davon war schon am Eingang die Rede, in den Prolegomenis § 11, Matth. 19, 20; 20, 1–16; 25, 14–30, wo die Rede ist von den Pfunden, und wo gesagt wird, daß je nach der Treue,