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denke an die Gladiatorenspiele. Nicht minder grausam ist der gebildete Heide gegen Elende (Verhalten in Pestzeiten!), Kinder, Verkrüppelte oder schwächliche Greise (doch Greise in Sparta geehrt!), Kranke; diese werden auf wüsten Inseln ausgesetzt und dem Hungertode preisgegeben. Den Höhepunkt der Grausamkeit erreichte freilich das Heidentum in der Verfolgung der Christen, und zwar zeigt sich solche Entmenschung nicht nur bei einem Scheusal, wie es der Kaiser Nero war, sondern das heidnische Volk überhaupt sieht mit Vergnügen in den Theatern zu, wie Unschuldige den wilden Tieren vorgeworfen werden (vgl. über die Unbarmherzigkeit der Heiden: Dupanloup, Die christliche Barmherzigkeit). Diese Andeutungen mögen genügen, den sittlichen Standpunkt der Heiden im Leben zu bezeichnen. Überall aber, wo die Nachtseite des Heidentums heraustritt, kann man die Macht des Teufels bemerken, der sich hier ein Reich baut, das Reich der Finsternis, darin er der Herrscher ist, Eph. 6, 12: die Herren der Welt etc. Die Götter der Heiden, wiewohl sie Nichtse sind (Jer. 10, 3; 1. Kor. 10, 19), sind gleichwohl nichts anderes als dämonische Mächte (1. Kor. 10, 20), die durch ihren täuschenden Trug die Menschheit verblenden. Daher hat die christliche Kirche zu den Werken des Teufels die Abgötterei und die Zauberei gerechnet. Was diese im Heidentum für eine Rolle spielen, kann man sehen aus Akt. 19, 19. Es erscheinen im Heidentum Orte, wo der Satan vor andern seinen Thron und Sitz aufgeschlagen hat, wie z. B. Pergamus, Offbg. 2, 13 (Uhlhorn, Kampf des Christentums etc.).


§ 23.
Die Lehre vom Gewissen.
Wesen des Gewissens; primäre Funktion desselben; Inhalt des Gewissens.

 Was uns die Schrift und die Erfahrung über das Gewissen kund gibt, ist nur die Erscheinungsform des Gewissens. Uns liegt aber daran, das Wesen des Gewissens zu erforschen, so viel es möglich ist; denn gerade hierin gehen die Theologen, die alten und die neuen, sehr auseinander, und es ist kein Wunder, da gerade dieser Gegenstand zu den tiefsten Geheimnissen des menschlichen Geistes gehört. Man gelangt zu der Vorstellung von dem Wesen des Gewissens, wenn man auf diejenige Wirkung sieht, welche unter allen Umständen sich gleich bleibt, wenn man dabei auch den Zustand vor dem Sündenfall ins Auge faßt.