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und zu bleibendem Interesse für ihre Verhandlungen hergeleitet werden. Wollten wir aber ständige Mitglieder haben, so mußten wir den Boden umschreiben, auf dem wir zusammenstehen wollten; feste Mitgliedschaft bedingte ein genaueres Programm. Von einem kleinen Kreise in wiederholter Aussprache festgestellt, hat dies Programm über Erwarten Anklang und Annahme gefunden. Dadurch wurde die Gründung der „Sächsischen kirchlichen Konferenz“ gesichert; sie beginnt heute ihre Thätigkeit. Wir können nur wünschen, daß ihrem ferneren Leben die gleiche Teilnahme bleibt, die ihrer Entstehung begegnete. Sie verdient es um ihrer Ziele willen; uns erscheint es als etwas Großes und durchaus Notwendiges, der Kirche ihr Recht in der modernen Zeit und an diese ebenso zu wahren, wie das Recht der modernen Zeit an die Kirche. Und mit diesem Gedanken trete ich, nachdem ich Sie durch manche, leider nötige Vorerörterung habe führen müssen, an mein Thema: Die Kirche und die moderne Zeit, heran, aus dessen weitem Gebiet ich nur einzelnes herausgreifen kann, das aber, so hoffe ich, Ihnen unser Programm ohne besondere Erläuterung seiner Sätze erklären wird.

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 Zwischen Kirche und moderner Zeit besteht unleugbar eine noch unausgeglichene Spannung. Zwar ist diese nicht ein außerordentliches Erzeugnis unsres Jahrhunderts. Im weltüberbietenden Inhalt des Christentums, mit dem doch zugleich die Aufgabe der Welteroberung gestellt ist, liegt es begründet, daß es das Zeichen ist, dem widersprochen wird. Kräftiger wird immer solcher Gegensatz sich regen, wenn im Gesichtskreis der Völker neue Interessen und Gedanken auftauchen. Nur das ist das Besondere unsrer Tage, daß der Gegensatz mehr als sonst in die Breite und Tiefe sich erstreckt. Schule, Politik, Presse haben einen Kommunismus geistigen Besitzes verwirklicht, wie vielleicht nie vorher. Und vieles in der modernen Bildung, ja ihre ganze Stimmung und Richtung klafft in grundsätzlichem Widerspruch gegen die alteingesessenen religiösen Anschauungen. In der festgefügten Welt scheint kein Raum für den Gott und Vater unsres Herrn Jesu Christi und in der alleinseligmachenden Kultur kein Bedürfnis für den Glauben zu sein. Die römische Kirche

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Friedrich Meyer: Die Kirche und die moderne Zeit. Georg Wigand, Leipzig 1898, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_Meyer_-_Die_Kirche_und_die_moderne_Zeit.pdf/10&oldid=- (Version vom 24.7.2016)