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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

Hexenprozesse.
(Schluß.)

Es möge vergönnt seyn, jezt noch einige Augenblicke bei der ziemlich weit verbreiteten Ansicht zu verweilen, als möchten die zahllosen, meistens nach einigen Unterbrechungen massenweise vorkommenden Hexenprozesse am besten und leichtesten durch das zeitweise epidemische und endemische Auftreten gewisser physischen Krankheiten zu erklären seyn und diese Krankheiten in neueren Untersuchungen über Somnambulismus, Magnetismus u. s. w. ihren eigentlichen Schlüssel finden. So hat namentlich Professor Fischer in seinem schon oben angeführten Werke über Somnambulismus diesen Weg eingeschlagen. Er sagt z. B.: „in den meisten Fällen bestand die Hexerei in bloßen mehr oder minder lebhaften somnambulen Träumen, welche durch die Hexenmanie der Zeit eingegeben oder gefördert wurden, und zwar waren es besonders die geschlechtlichen Träume, welche sich zu dem visionären Verkehr mir dem Teufel verzerrten oder auch bloß wachend dahin gedeutet wurden. – Das Sonderbarste und Merkwürdigste an den Hexenprozessen ist, daß nicht bloß Richter und Henker, sondern die Hexen selbst an die Wirklichkeit der Hexerei glaubten, daß sie nicht bloß auf der Folter, sondern auch in freimüthigen und reumüthigen Geständnissen die speziellsten Details über jene Hexenzusammenkünfte und ihren Umgang mit dem Teufel angaben, sie umständlich und wie erlebte Geschichten erzählten und im Glauben an ihre Schuld

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 950. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)