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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

welches jezt eine Besitzung des Fürsten Wrede ist, wurden vom Anfang des Jahres 1590 bis in den Monat August desselben Jahres 65 Individuen hingerichtet. Aehnliches war der Fall in den Comthureien Mühringen, Stockheim, Gundelsheim u. s. w., von welchen Orten zwar die Prozeßakten weniger vollständig vorliegen, dagegen eine Menge Berichte, Anfragen und Dekrete hinlänglich beweisen, wie auch dort das Hexenwesen nicht weniger furchtbar gewüthet habe.

Gewöhnlich nahmen die Hexenverfolgungen ihren Anfang, wenn in irgend einer Ortschaft Personen oder Sachen auf mehr oder weniger auffallende Weise beschädigt wurden; in der Regel beschuldigte man dann irgend eine schon vorher berufene oder beschrieene Person, meistens alte böse Weiber, solchen Schaden veranlaßt zu haben, zog sie ein, zwang sie durch die Folter zum Geständniß der That, zur Angabe von Mitschuldigen, und damit war gewöhnlich das Signal zu einer allgemeinen Verfolgung und zu gräßlichen Hexenbränden gegeben. Es kommen auch einige Fälle vor, wo ganze Gemeinden um gerichtliches Einschreiten gegen das täglich mehr um sich greifende Hexenwesen bitten, weil sie sonst ihres Lebens und Eigenthums nicht mehr sicher seyen. So z. B. von Schultheiß und ganzer Gemeinde Stockheim im Zabergau (im jetzigen Württembergischen Oberamt Brackenheim) aus dem Jahre 1594 eine demüthige Bitte an den Hochmeister Maximilian von Oesterreich, er möchte gegen das täglich mehr überhand nehmende Hexenwesen einschreiten; eben so von der Gemeinde Ailringen an der Jaxt (zum Oberamt Künzelsau gehörig), ohne Angabe des Jahres. Leztere bittet um eifrige Continuirung des Hexenbrennens, und will gern alle Kosten tragen, weil die Unholden, trotz aller schon verbrannten Weiber, immer ärger um sich griffen und Schaden anrichteten.

Wenn nun in der Gegend von Mergentheim eine solche verdächtige Person eingezogen war, so lieferte man sie auf die ganz nahe bei der Residenz liegende Ordensburg Neuhaus ab, von deren mächtigen Ruinen ein gewaltiger, weit sichtbarer Thurm noch heutiges Tages der Hexenthurm heißt. Es waren jedoch öfters der Gefängnisse zu wenig; deßwegen mußte im Jahr 1628 dort eine Reihe kleiner, mir Oefen versehener Häuser erbaut werden, welche zu Gefängnissen dienten. In ihnen wurden übrigens die wegen Hexenwerks Gefangenen ziemlich gut gehalten; es waren ihnen Betten und andere Bequemlichkeiten verstattet, und für jeden wurden täglich vier Batzen Kostgeld bezahlt, was als sehr beträchtlich erscheinen muß in einer Zeit, wo ein nach einem Verhöre von dem Verhörspersonale verzehrtes Nachtessen nur 2 Gulden und 43 Kreuzer kostete, obgleich der Kapuziner-Guardian, der Hauscomthur, der Verhörsrichter, zwei Gerichtsschöppen und der Gerichtsschreiber die Gäste waren und dabei 23 Maaß Wein getrunken wurden.

(Fortsetzung folgt.)
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 978. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)