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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

Tag und Nacht bitten. Ich hoffe zu dem allgnädigen Gott, er wird mein unschuldiges Herz und Gemüth, welches allein nur ihn liebt und lobt, ansehen und mich nicht länger an diesem Kreuz hangen lassen. – Sieh’ daß du des Gevatter Kronenwirths Kellner gelehnt bekommst, schick den Davidlein (seinen ältesten Sohn) hinauf, laß ihn herabkommen, so kannst du mit ihm reden. Was du erfährst, das schreib’ mir ein wenig, ich will’s wohl lesen. Schick mir das Tuch zu Strümpfen, das ich vergessen. Ich will dir bald wieder schreiben, liebes Herz, geduld’ dich ein Weil, unser lieber Herrgott wird’s wieder wenden nach seinem Willen. Nichts mehr betrübt mich, denn daß ich solch Elend so unschuldig leiden muß. – Wenn du Geld aus Wein lösest, so kauf einen Karren voll Haber; wenn der Jung mit ansteht, so laß ihn den Haber im Schloß fassen, laß ihn das beiliegende Zettelein dem Futterschreiber geben. Laß auch dem Herr von Thann seine Schuld anfordern, es ist 17 fl. 34 kr.; er hat den Zettel schon.“

„Liebes Herz, laß’s dich nicht so sehr anfechten, gottlob ich bin nicht sehr traurig und freue mich meines guten göttlichen Gewissens. Strafe die Kinder, wenn sie dir nicht folgen wollen, und hoff’ zu unserm lieben Gott, der uns niemals ganz verlassen hat; er wird es dießmal auch nicht thun. Wenn ich dir innerhalb acht oder vierzehn Tagen einen Boten schicke, so schreibe mir Alles, wie’s geht. Wenn dir ein Gläubiger Geld anfordert, bitt’ ihn um Verzug, ich will dir schon angeben, wie du dich verhalten mußt. - Behüt’ dich Gott der Allmächtige und die Kinderlin vor allem Leid. Verlaß mich nicht, ich will auch dich nicht verlassen, unser lieber Gott wird’s ändern und meine Unschuld rächen. Hab’ nur ein gutes Herz. Es ist nie ein Unglück so groß gewesen, es ist wieder gut worden.“

„Dein 

getreues Herz, dieweil ich lebe, 

Thom. Schreiber.“ 

Wahrscheinlich zu derselben Zeit schrieb er auch folgenden Brief (ohne Datum und Ort). „Dem ehrenvesten und wohlgeborenen Herrn Allemahn, wohlverordneten lateinischen Professorn und Schulmeistern, meinem lieben vertrauten Herrn zu Händen in Mergendall.“[1]

„Ehrenvester, insonders günstiger, vielgeliebter, vertrauter Herr, demselben sage meine jeder Zeit geflissenen Dienste bestes Vermögens zuvor.“

„Ich kann nicht unterlassen, meinem lieben, vertrauten Herrn zu schreiben, welcher Maßen ich leider, Gott erbarms, schmerzlich, mit blutigen Thränen von meinem Weib und lieben Kinderlein aus vielleicht unnöthiger Furcht und Schrecken, wegen dem Herrn in meinem Anwesen schon erzählter Ursachen, und von dem Amtmann Max Waltz mir geschehener schnöder Reden halber, welche mich in solche Furcht getrieben, entwichen bin. Und weiß Gott der Allmächtige, zu dem auch alle meine Hoffnung steht, den will ich Richter seyn lassen wider die mich unbillig in solchen Schrecken getrieben haben; meines armen herzlieben Weibes und Kinderlein blutige Thränen und Zähren werden vor dem h. Angesicht Gottes schreien, und Gott wird sie und mich erhören und meine Unschuld rächen. Vielgeliebter, großgeehrter Herr, ich habe das Vertrauen zu dem Herrn und halte den Herrn für meinen allerbesten Freund, der Herr wolle heimlich der Sache nachfragen an Ort und Ende, und nicht thun, als ob ich ihm zugeschrieben oder mit ihm bekannt wäre, daß man es nicht zu sehr merke und dem Herrn vorhalte, und sehe, wie es eine Beschaffenheit habe, und mir wieder schreiben und den Brief zu meiner lieben Hausfrau tragen lassen, und sie bisweilen trösten. Alsdenn will ich den Brief durch einen Boten abholen lassen zu gelegener Zeit. Gott weiß, daß ich in diesem Fall ganz unschuldig bin, habe auch mein Lebelang kein solchen Gedanken oder Gemüth gehabt, wie ich denn schon dem Herrn persönlich erzählt, auch dem Hrn. Pater Prediger solches geklagt. Weil ich aber in solchen Gedanken und stark geglaubt, noch vermeine und auch zum Ueberfluß den Tag, als ich wegritt, ein fremder Mann in mein Haus kam und auch zum Hauptmann gesagt hatte, man sage öffentlich, ich sey auf das Neuhaus geführt worden, dieß hat mich so furchtsam gemacht, daß ich nicht länger bleiben konnte. Denn ich sehe wohl, wenn Einer überfallen wird, so muß er fort, er sey unschuldig oder nicht. Zwar als unschuldig, und um des Namens Jesu Christi willen, wollte ich mich, wenn’s von Nöthen wäre, nicht weigern zu sterben, allein solche Marter und Pein, und aus großer Marter eine Last auf meine Seele aufzuladen, das fiele mir zu schwer. Gott verzeih’s dem Amtmann, was er mir, meinem lieben Weib und Kindern für Herzeleid macht.“

„Ich bin Willens an den Fürsten zu schreiben, von wegen der mir gethanen Reden, und will ihm meine Unschuld klagen. Der Herr wolle mir rathen, ob ich’s thun soll oder nicht. Verhoffe mit ganzer Zuversicht, der Herr werde das Beste bei Allem thun; das wird der allmächtige Gott ihm in Ewigkeit belohnen, was der Herr an meiner herzlieben Frau und Kindern thut und auch an mir hochbetrübten Mann. Ach, der Herr tröste doch mein armes verlassenes Weib bisweilen. Der Herr schreibe mir bald wieder nach Einziehung der Erkundigung und von meinem Weibe. Wenn in meiner Haushaltung etwas vorgefallen, so wolle es mir der Herr

berichten, weilen mein Weib des Schreibens nicht wohl


  1. Marienthal, noch heutiges Tages beim Volke gebräuchliche Benennung für Mergentheim.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 1035. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)