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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

Hexenprozesse.
(Fortsetzung.)

Schon am 16. Februar war Thomas auf das Neuhaus gebracht worden, wo er sogleich vom Commissär, Dr. Baumann, in Gegenwart des gewöhnlichen Personals verhört wurde. Die Hauptanklagen gegen ihn beruhten auf der Aussage von drei des Hexenwerks beschuldigten Frauen, von denen zwei schon hingerichtet waren. Die Erste, Martha Dokherin, am 18. December des vorigen Jahrs verbrannt, hatte am 12. December ausgesagt: als sie im heurigen Jahre zum zweitenmal zum Hexentanz gefahren, wobei das Anneley von Neunkirchen in seltsamer Stellung mit einem blauen Lichte geleuchtet, sey Thomas Schreiber auch dabei gewesen. Die Zweite, Catharina, Georg Reißers des Haubenschneiders Hausfrau, verbrannt am 12. Februar dieses Jahres, hatte am 29. Januar bekannt: als sie vor zwei Jahren vom Teufel bei der Hand genommen und zu einem Tanz bei Nacht auf den Trillberg geführt worden, wobei die Lichter gleich andern Lichtern gebrannt und ausgesehen u. s. w., sey der Hirschwirth auch dabei gewesen. Die dritte, Kunigund, des Schwanenwirths Kolbenschlag Hausfrau, hatte erst noch am 13. Februar ausgesagt: als sie vierzehn Tage nach ihrer Verführung auf den Trillberg (eine nahe bei Mergentheim gelegene Anhöhe) gefahren, habe man alldort getanzt. Die Lichter haben schwarz wie eine Fackel geschienen; man habe gegessen, doch ohne Brod, aus rechten natürlichen Bechern getrunken, und der Wölflin (ein Metzger) es ihr zugebracht und sie es ihm in des Teufels Namen gesegnet. Dabei sey Thomas Schreiber auch zugegen gewesen.

Das heute mit Schreiber vorgenommene Verhör scheint nur den Zweck gehabt zu haben, ihn mit dieser Kunigund Kolbenschlagin zu confrontiren, die nach geschehener Confrontation alsbald zur Hinrichtung abgeführt und verbrannt wurde. Das ganz kurze Verhör besagt Folgendes: „Th. Schreiber, jetziger Wirth zum Hirschen in M. entschuldigte sich mit vielfachen hohen Schwüren zum Höchsten, daß er von dem Laster der Hexerei rein und unschuldig sey. Hierauf der Kunigundt Kolbenschlagin unter die Augen gestellt, sagt sie ihm „ohne Scheu ganz rund in’s Gesicht,“ daß er mit ihr auf dem Trillberg bei einem Hexentanz gewesen sey, wo sie gegessen und getrunken.“ – Ihr entgegnete Thomas: „sie thue ihm Gewalt und Unrecht, sie solle ihrer Seelen Seligkeit nicht beschweren.“ – Er entschuldigt sich hierauf seiner ausgestoßenen Reden halber, daß nämlich nothwendig vielen Leuten Unrecht geschehen sey. „Jezt vollends müsse er ganz zu dem Glauben kommen, daß,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 1045. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)