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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

weil man ihm so groß Unrecht thue, man dieß auch andern Menschen gethan habe. Er wolle jezt Alles Gott und der Obrigkeit befehlen, er befinde sich in lezterer Gewalt; warum er also so thöricht seyn und seinen Leib den Martern unterwerfen solle“ (d. h. er wolle lieber ungefoltert eingestehen, was man verlange).

Drei Monate lang schweigen die Akten gänzlich über ihn; erst nach Verlauf dieser Zeit ward die Untersuchung, wie wir gleich sehen werden, wieder aufgenommen und dann zu einem schleunigen Ende gebracht. Während dieser Zeit scheinen sich die auswärtigen Verwandten Schreibers seiner thätigst angenommen zu haben; denn am 10. April wurde von seiner gesammten Verwandtschaft folgende „unterthänigste Supplication an den Hochwürdigsten Fürsten und Herrn Johann Caspar, Administrator des Hochmeisterthums in Preußen, Meister deutschen Ordens in deutschen und wälschen Landen und Römisch Kaiserlichen Geheimen Rath etc. unsern gnädigsten Fürsten und Herrn“ eingegeben.

„Hochwürdigster, gnädigster Fürst und Herr! Ew. Hochfürstliche Gnaden können wir unterthänigst vorzubringen nicht unterlassen. – Demnach gesammte, als Thomä Schreibers, Hirschwirths allhier zu Mergentheim, in dem Württemberger Land, zu Heidenheim, Langenau, Dünkelsbühl, Aalen und andern Orten seßhafte, ehrliebende Freundschaft mit Schmerzen und höchster Bekümmerniß vernommen, in was traurigen Stand und schwere Gefängniß gedachter unser Vetter eingerathen und nunmehr neun Wochen in Verhaft gehalten werde, aber von seiner Verwirkung oder Mißhandlung einige gewisse Nachricht nicht haben können, und dennoch bei so gestellten Sachen, in Gebühr und ohne Verletzung der allzeit hochgeehrten Justiz, ihm, dem Gefangenen, aus christlicher Blutsfreundschaft und schwägerlicher Liebe gern mitleidentlich beispringen wollen, so haben wir Ew. Fürstl. Gnaden demüthigst supplicando zu ersuchen keinen ferneren Umgang nehmen können, unterthänigst bittend, diesen Ueberlauf uns gnädigst zu verzeihen.“

„Nachgehends, obwohl aus oft fallirenden gemeinen Reden Etliche dafür gehalten, als wäre itzt berührter Hirschwirth allhier ob der abscheulichen Hexerei willen gefänglich angenommen und eingezogen worden, so können und wollen wir jedoch ein Solches nicht hoffen, noch ihm unserem Vetter einiges Weges zutrauen. Sintemal diesen Punkt berührt, dafern er wider unser Hoffen und Zuversicht dies Orts implicirt und verwickelt seyn sollte, Ew. Hochfürstliche Gnaden uns dahin gnädigst verstehen und vernehmen wollen, daß dieselbe wir deswegen mit dem geringsten Buchstaben zu behelligen, ja mit einem Tritt dem Gefangenen zum Besten nicht anzuwenden gemeint ober im Sinn gehabt. Gehet übrigens unser einfaltiges Erachten dahin, daß nun oftgemeldeter incarcerirter Hirschwirth etwa aus menschlicher Blödigkeit, Unverstand und in Jugend übel unbesonnen ausgestoßenen Worten oder ungebührenden Handlungen gesündiget und sich so gröblich gegen seine von Gott gesezte höchste Obrigkeit vergriffen haben muß.“

„Dieweilen wir aber solches ebener Gestalt, wie es etwan beschaffen seyn möchte, nicht wissen oder vielleicht uns zu wissen nicht gebührt, wir aber dennoch das Amt der Freundschaft nicht verlassen wollen, so gelangt an Ew. Hochfürstliche Gnaden unsere unterthänigste, innigste Bitte, Flehen und Anrufen, sich der armen vier kleinen, unmündigen Kindelein, derer äußerst geängstigter Mutter Großvater, Job Knips, an ein und vierzig Jahre lang Hochfürstl. deutschmeisterischer Hof- und Mundkoch gewesen, mildreichst zu erbarmen, sich wegen uns unbewußter Verbrechen mit der langwierigen Incarceration barmherzigst versöhnen und ihn, den Verhafteten, aus Hochfürstl. Deutschmeisterischer Gnaden, Barmherzigkeit und Güte auf freien Fuß zu seinem äußerst betrübten armen Weibe und Kindlein, auch übel bestellter Haushaltung kommen zu lassen.“

„Darum, Ew. Hochfürstl. Gnaden, sind wir sammt und sonder, neben treuwilligem Gebet mit allem möglichen Dienst zu verschulden und unterthänigst und bereitwilligst, gnädigsten tröstlichen Bescheid demüthigst erwartend

Ew. Hochfürstl. Gnaden 
unterthänigst, bereitwilligst     
Caspar Schreiber, Burgermeister, Joh. Jac. Fischle, Stadtschreiber, Hans Schreiber, Bierbrauer und Hirschwirth in Heidenheim, Georg Schreiber zu Langenau u. s. w. im Namen der ganzen Schreiberischen Verwandtschaft.“
(Fortsetzung folgt.)
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 1046. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/39&oldid=- (Version vom 31.7.2018)