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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

Hexenprozesse.
(Fortsetzung.)

In Rottweil, einer katholischen Reichsstadt, wurden dagegen von 1561 bis 1648 113 Personen, und zwar 94 Weiber und 19 Männer als Hexen und Zauberer hingerichtet. Saulgau hieß wegen des häufigen Hexenverbrennens weit und breit nur das Hexenstädtlein. Graf Ulrich von Helfenstein, der 1570 starb, ließ in seinem Städtchen Wiesensteig, dem Sitze eines Domherrnstiftes, in kurzer Zeit 70 Hexen verbrennen, und der Wiesensteiger Scharfrichter wurde wegen seiner Geschicklichkeit im Hexenfoltern weit und breit verlangt.

Noch greulicher wurde aber gewüthet in den Ländern deutscher Kirchenfürsten, wobei aber ausdrücklich bemerkt werden muß, daß alle diejenigen geistlichen Fürsten, welche als eifrige Hexenverfolger sich auszeichneten, von katholischen Schriftstellern auch als siegreiche Bekämpfer des in ihre Länder eingedrungenen Protestantismus gerühmt werden. Durch den Religionsfrieden von 1555 war zwar den deutschen Ketzern das Leben gesichert und ihnen nur Landesverweisung gedroht, leicht aber wurde es dagegen möglich, heimlichen oder offenen Freunden der evangelischen Lehre als Zauberern und Unholden an Leib, Leben und Vermögen zu kommen. Daß solches im Churfürstenthum Trier und im Erzbisthum Salzburg wirklich der Fall gewesen, ist geschichtlich; daß im Gebiete des deutschen Ordens, das fast ganz von protestantischen Ländern umgeben war, solche Motive bei den Hexenverfolgungen zu Grunde lagen, davon habe ich überzeugende Beweise erhalten. Einen großen Theil der Schuld trugen dabei die an die Stelle der Dominikaner getretenen Jesuiten.

In den trierschen Ländern wüthete man gegen Ketzer und Hexen dermaßen, daß in einem Dorfe nur noch

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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 942. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)