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Walther Kabel: Gefälschte und geborgte Kronen (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 2)

Im April 1911 versuchte dann die republikanische Regierung die Krone zu Geld zu machen. Man ließ daher den Pariser Juwelier Salange nach Lissabon kommen. Dieser erklärte jedoch nach kurzer Untersuchung, daß das auf eine Million taxierte Kleinod kaum einen Wert von 10 000 Franken habe, da nicht einmal mehr der Stirnreif, geschweige denn die Steine echt seien. Darob große Bestürzung. Als dann auch andere Fachleute ihr Urteil dahin abgaben, das Gold der Königskrone sei nur plattiertes Silber und die Brillanten Simili, konnte es keinem Zweifel unterliegen, daß einer der letzten Herrscher Portugals, die ja sämtlich an chronischem Geldmangel litten, die echte Krone veräußert und dafür eine genaue Imitation hatte herstellen lassen. Diese unechte portugiesische Krone lagert noch heute in den Gewölben der Lissaboner Banca Republicana. Ein Käufer für sie hat sich bisher nicht gefunden.

Bietet die Geschichte Portugals ein Beispiel dafür, daß auch gekrönte Häupter in bedrängter Lage ihre Zuflucht zu nicht ganz sauberen Geschäften nehmen, so kann man wieder von einem englischen König berichten, der sich eine Krone zu seiner feierlichen Krönung regelrecht leihen mußte. Der nachmalige König Georg IV. war als Prinz ein sehr verschwenderischer Lebemann. Trotz seiner hohen Einkünfte häufte sich seine Schuldenlast von Jahr zu Jahr mehr an. In einem der vornehmsten Londoner Klubs verlor er am Spieltisch in einer Nacht allein 50 000 Pfund Sterling. Als er 1820 zur Regierung kam, borgte ihm niemand mehr einen Schilling. Trotzdem bestellte er zu seiner Krönung bei dem Juwelier Rundell in London eine Krone, die sieben Pfund wog und fast 3 Millionen Mark kostete. Sie bestand aus reinem Golde und war dicht mit Edelsteinen beseht. 1821 war dieses Prunkstück fertig, und nunmehr wurde der Tag der Krönung festgesetzt. Aber der vorsichtige Juwelier wollte das Kleinod nicht ohne Bezahlung hergeben. Nach längeren Verhandlungen wurde dann, da Georg IV. die nötige Summe nirgends auftreiben konnte, ein schriftlicher Vertrag geschlossen, nach dem Rundell dem König die Krone für den Tag der Krönung gegen eine Leihgebühr von 200 000 Mark überlassen wollte.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Gefälschte und geborgte Kronen (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 2). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1914, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gef%C3%A4lschte_und_geborgte_Kronen.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)