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Sprache, doch einen Dichter reden, hier aber, ungeachtet des Sylbenmaaßes, nur einen Reimer.

Das andere Exempel mag die Fabel von dem Raben und Fuchse seyn.

     Ein Fusz hungern began;
Under ein hohen bom er da kam,
Uff den ein rab kam geflogen
Mit eim kese, den er einer frouwen

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Genommen und gerobet da.

Des wart der Fusz ummassen froh.
Da Ine der Fusz erst ersach,
Mit glatten worten er da sprach:
Got grusz dich, lieber herr myn,

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Uwer diener wil ich sin,

Und imer wesen uwer Knecht.
Das dunket mich billig und recht.
Ir sint edel und so rich,
Kein fogel mag uch sin glich

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In allen kunigrichen.

Ich wene[1] uch müse entwichen
Der sperwer und ouch das felkelin,
Des habichs und ouch des pfowen schin
Süsse ist uwer kelen schal,

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Uwer styme hört man uberal

In dem walde erclingen,
Wann ir geratten singen;
Des hab ich wol genommen war,
Der rap sprach, du sagest war,

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Nu singent lieber herr myn!

Da sprach der rap, das sol sin.


  1. Wenen, glauben, dafür halten.
Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Fabeln und Erzählungen. M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch, Leipzig 1769, Seite XXI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gellert_Schriften_1_A_022.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)