Seite:Georg Muck - Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 2).pdf/11

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wird er verklagt von einer Näherin, die seiner Tochter Unterricht ertheilt hatte, aber einen halben Gulden Lehrgeld nicht von ihm erhalten konnte. Dann klagte er wieder, weil man ihn beschuldigte, er habe von der Nichte der Wirthin heimlich Wein angenommen. Am Tage nach Palmarum 1556 gab er beim Klosteramt klagend zu Protokoll: „Ich saß in meiner Stube und las. Da kam der Schneider Zan zu meiner Tochter an der Thüre und sagte: Du Pfaffenhure, und deine Mutter ist auch eine! Dann ging er in das Wirthshaus und schalt mich einen diebischen Pfaffen.“ Wie der Pfarrer Stigler des Gottesdienstes wartete, erhellt daraus, daß er den Bader oder dessen Sohn zur Verwaltung des heiligen Abendmahles gebrauchte. Länger konnte er nicht auf seiner Stelle belassen werden; bis Michaelis 1556 sollte er dieselbe verlassen. Seine nachlässige Amtsführung bekennend, bat er, noch diesen Winter bleiben zu dürfen, was ihm aber nicht gestattet wurde. Nach seinem Wegzuge besorgte die Pfarrgeschäfte ein von Melanchthon empfohlener ausländischer Kandidat, Porphyrius, welcher aber schon nach einigen Wochen Klosterprediger in Heilsbronn wurde, wo wir ihn nachher näher kennen lernen werden.

Eben so anstößig, wie im Pfarrhause, war das Leben in der Gemeinde. Der Meßner Stenglein stahl Getreide, welches die Heiligenpfleger auf dem Kirchenboden ausgeschüttet hatten. Stenglein sagte den Kirchenpflegern ab und entwich. Im Wirthshause und auf der Gasse fortwährend Raufhändel und tödtliche Verwundungen. Wagner wird vom Schneiderssohn Zan des Nachts auf der Gasse mit einem Rappier erstochen. Rieger von Westernach, Amtmann zu Windsbach, durch Kauf Gutsherr von Neuendettelsau, „der Edel und Vest“, war ein Störenfried für die Umwohnenden, insonderheit für heilsbronnische Unterthanen. Er ließ seine Schafherden in die Felder und Wälder der Gemeinde Wollersdorf treiben, welche sich durch Pfändung dreier Schafe dafür entschädigte. Westernach revanchirte sich, indem er mit Gewappneten auszog und den Wollersdorfern ein Pferd wegnahm. Am Johannistage 1549 insultirte er sammt seinen

Empfohlene Zitierweise:
Georg Muck: Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 2). C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1879, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Muck_-_Geschichte_von_Kloster_Heilsbronn_(Band_2).pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)