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nur durch andauernde Gewöhnung an das Gute, nicht durch umständliche Belehrungen über das Gute. Die tägliche Erfahrung lehrt, daß sehr oft die Kenntnißreichsten nicht religiös-sittlich leben, wohl aber Kenntnißarme; oder daß Kenntnißreiche und Kenntnißarme hinsichtlich des religiös-sittlichen Wandels auf gleich hoher oder gleich niedriger Stufe stehen. Dieser höhere oder niedrigere Stand ist lediglich bedingt durch die außer der Schule auf den Zögling andauernd einwirkenden Verhältnisse, durch die ihn umgebende Atmosphäre. Sind diese Verhältnisse schlecht, so mißräth der Zögling auch bei dem besten Schulunterricht; sind sie aber gut, so geräth er wohl, wäre er auch gering begabt und arm an Schulkenntnissen. Ausnahmen von dieser Regel sind selten. Die erwähnte Preisfrage ist kurz dahin zu beantworten: „Die Erwartung einer Reform des religiös-sittlichen Volkslebens durch die Volksschule beruhte auf einer Täuschung; denn man erwartete von den Schullehrern, etwas zu leisten, was sie unmöglich leisten konnten; denn die Volksschule kann zwar unterrichten, aber nicht erziehen.“ Erzogen wird, wie vorhin erwähnt, lediglich durch andauernde Gewöhnung an das Gute. Daß aber die Volksschule nicht andauernd an das Gute gewöhnen kann, liegt in der Natur der Sache. Die meisten Kinder besuchen lediglich die Volksschule, jedoch nur sieben Jahre lang und während dieser Zeit an den Feier- und Vakanztagen gar nicht, so daß sie durchschnittlich nur drei Stunden täglich in der Schule zubringen, die übrigen 21 Tages- und Nachtstunden aber außer der Schule. Von einer andauernden Gewöhnung durch die Schule kann sonach keine Rede sein. Überdieß wirkt das Zusammenleben der Zöglinge, besonders bei großer Schülerzahl, auf Viele geradezu nachtheilig ein, wie wir bei der heilsbronner Fürstenschule gesehen haben und es noch täglich sehen, auch da, wo die Schuldisziplin musterhaft und nicht, wie in der Fürstenschule, mangelhaft ist.

Der bessere Stand des religiös-sittlichen Volkslebens in Holland, England und Schottland hat, wie vorhin gezeigt wurde, seinen Grund in den dortigen freieren, besseren Institutionen und im Ruhetagszwang, nicht im Schulzwang, welcher in Holland

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Georg Muck: Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 3). C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1880, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Muck_-_Geschichte_von_Kloster_Heilsbronn_(Band_3).pdf/174&oldid=- (Version vom 31.7.2018)