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IV. Das Gerichtswesen

1. Vogtei-Gerichtsbarkeit und Ehaft

 Es ist nicht leicht, über die Gerichtsverhältnisse der Vergangenheit ein klares Bild zu gewinnen, da eine allzu große Verschiedenheit zwischen den einzelnen Ländern und Herrschaften bestand. Es wird darum nur berichtet werden, was sich für unsere Gegend aus den Akten ergibt.

 Ein großer Unterschied bestand überall zwischen der höheren und der niederen Gerichtsbarkeit. Von der letzteren soll zunächst geredet werden. Gemeint ist das, was oben mit den Worten „Vogteigerichtsbarkeit“ und „Ehaft“ bezeichnet wurde. Um einen Vergleich mit der Gegenwart zu gewinnen, kann gesagt werden, daß darunter ungefähr alles das zu verstehen ist, was heute durch die Polizei und das Amtsgericht geschieht, also polizeiliche Anordnungen und die Überwachung der Durchführung, einfachere Strafsachen, private Prozesse und Beschwerden, Nachlaßsachen und dergleichen. Diese Gerichtsbarkeit stand im allgemeinen den Grundherrschaften zu, also in unserem Gebiet z. B. dem Gumbertusstift für alle Untertanen, die zu diesem Stift gült- und zinspflichtig waren, ebenso dem Landalmosenamt zu Nürnberg für seine Grundholden, oder dem Kloster Heilsbronn, den Herren von Vestenberg usw. für ihre jeweiligen Untertanen. Selbstverständlich besaßen auch die Landesherrschaften, wie der Markgraf von Ansbach und die Stadt Nürnberg, solche niedere Gerichtsbarkeit, aber nur über diejenigen Höfe und Güter, von denen sie Grundrechte (Zinsen, Gülten u. a.) beanspruchen konnten. Es gab also so viele Vogteigerichtsbarkeiten, als es Grundherrschaften im Lande gab. Und wenn in einem Dorfe etwa fünf Grundherrschaften vorhanden waren, so verteilten sich eben die Bewohner auf diese fünf Gerichte. Es läßt sich leicht denken, daß es in einem solchen Dorfe oft zu Zwistigkeiten und Unzuträglichkeiten kommen mußte, weil es an einem einheitlichen Polizei- und Gerichtswesen fehlte.

 In Wirklichkeit übten freilich bei weitem nicht alle Grundherrschaften ihre Gerichtsbarkeit aus. Die kleineren besonders überließen sie willig den Landesherren, in deren Bezirk ihre Untertanen wohnten. So übte das nürnbergische Landpflegamt Lichtenau ohne weiteres alle polizeilichen und gerichtlichen Befugnisse aus für das Clara- und Katharinen-Kloster dort, für die Schlüsselfeldersche und Mendleinsche Stiftung, für die Herren von Haller und andere, auch für die Pfarrei Immeldorf. Anfangs tat es dies auch für das Reiche Almosen, das in der Pfarrei viele Besitzungen innehatte; aber