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2. Landeshoheit und Kirchenhoheit

a) Der Streit zwischen Ansbach und Nürnberg um die Kirchenhoheit im allgemeinen

 Für gewöhnlich fiel beides zusammen, die Landeshoheit als oberste Staatsgewalt im Lande, und die Kirchenhoheit als oberste Schutz- und Aufsichtsgewalt des Staates über die äußeren Angelegenheiten der Kirche, gleichviel ob diese Oberhoheit über die Kirche enger oder weiter gefaßt wurde. Für die Pfarrei Sachsen bestanden jedoch ganz eigenartige Verhältnisse. Wie schon wiederholt ausgeführt wurde, lag die eine Hälfte der Pfarrei auf markgräflichem, die andere Hälfte dagegen auf nürnbergischem Gebiete. Dazu kam noch, daß der Sitz der Pfarrei auf Nürnberger Boden stand, der Markgraf aber das Patronat innehatte. Der Markgraf nahm nun auf Grund seines Patronates alle „bischöflichen“ Rechte über die gesamte Pfarrei in Anspruch, so wie früher das Chorherrnstift sie besaß, also nicht nur die Ernennung der Pfarrer, sondern auch ihre Einsetzung in das Amt, die kirchliche Aufsicht über sie und über die Gemeinden durch sein Konsistorium, die Verfügungsgewalt über die Kirche und den Friedhof, die Aufsicht über das Kirchenvermögen und über das kirchliche Bauwesen, beides durch das Gumbertusstiftsamt usw. Er forderte also die gesamte Kirchenhoheit. Umgekehrt erklärte Nürnberg, daß die Kirchenhoheit mit der Landeshoheit zusammenhinge. Landesherr über den Pfarrort Sachsen sei aber die Stadt Nürnberg. Also komme auch der Stadt die Kirchenhoheit zu, während der Markgraf nur das Patronat innehabe in dem Sinne, daß er die Geistlichen für die Pfarrei „präsentieren“, d. h. in Vorschlag bringen dürfe; alles andere sei Sache der Nürnberger. Der Markgraf fußte mit seinen Ansprüchen auf den Rechtsverhältnissen, wie sie vor der Reformation tatsächlich bestanden; die Nürnberger aber stellten sich auf die Rechtsanschauungen, wie sie nach der Reformation sich herausgebildet hatten, wobei gerade die Städte die weltlich-staatliche Oberhoheit über die Kirchen besonders stark betonten. Es war klar, daß bei dieser zwiespältigen Auffassung der Begriffe Landeshoheit und Kirchenhoheit es zu schweren Kämpfen zwischen Ansbach und Nürnberg kommen mußte.

 Die Sache wurde dadurch noch verwickelter, daß auch eine Grundherrschaft inmitten stand, nämlich das Reiche Almosen (Landalmosenamt) in Nürnberg. Der Pfarrhof galt als „Lehen“ dieser Stiftung; darum forderte das Almosenamt, daß der Pfarrer von Sachsen jeweils vor seinem Aufzug erst nach Nürnberg ginge, um dort seinen „Lehenseid“ zu leisten, eine Forderung, die vom Rat der Stadt