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so sehr an die kahle und kalte Nüchternheit des rationalistischen Gottesdienstes gewöhnt, daß sie nur schwer zu bewegen waren, wieder die gute, alte, lutherische Ordnung anzunehmen. Auch in Sachsen glaubte der Kirchenvorstand im Namen der Gemeinde gegen die Wiedereinführung der Liturgie protestieren zu sollen, weil diese angeblich katholisch sei; so sehr verkannte man das alte Luthertum. Länger währte es, bis auch die schmucklosen Gotteshäuser wieder schöner und würdiger gestaltet werden konnten; in Sachsen konnte das erst in neuester Zeit geschehen.

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 Eine besondere Hervorhebung muß hierbei das Gesangbuch finden. Noch in der Zeit des letzten Markgrafen war im Jahre 1781 ein neues Gesangbuch herausgegeben worden, das schon ganz dem Geist der Zeit Rechnung trug. Die ländlichen Gemeinden waren freilich damals noch nicht so weit, daß sie sich eine solche Umstellung widerspruchslos gefallen ließen. Wie Pfarrer Laubinger später berichtete, entstand da und dort „eine Art von revolutionären Auftritten“, zu deren Dämpfung der Markgraf sogar seine Husaren einsetzen mußte. – Als das neue Königreich Bayern sich gebildet hatte (1806), war auch eine größere Zahl von evangelischen Gebietsteilen, vor allem in Franken und Schwaben, dazugekommen. Diese wurden zu einer einheitlichen „Protestantischen Landeskirche“ zusammengefaßt unter einem gemeinsamen Kirchenregiment. Der Zusammenschluß sollte aber nicht nur äußerlich bleiben, sondern sich zu einer inneren Einheit formen. Diesem Zweck sollten gemeinsame Ordnungen im Kirchenwesen dienen. Dazu gehörte vor allem ein einheitliches Gesangbuch. Ein solches wurde 1816 herausgegeben. Seine Einführung in der Pfarrei Sachsen vollzog sich diesmal ohne besondere Schwierigkeit, hauptsächlich um deswillen, weil man langsam und vorsichtig vorging. Pfarrer Laubinger konnte 1821 berichten, daß nunmehr Gesangbuch und Choralbuch in der Pfarrei eingeführt seien. Aber auch dieses Bayerische Gesangbuch trug noch den Stempel rationalistischen Geistes und konnte darum bei dem Anbruch der neuen, biblisch und bekenntnismäßig gerichteten Zeit nicht mehr genügen. Es wurde deshalb 1854 wieder ein anderes Gesangbuch hergestellt, ein Gesangbuch, das bis zum Jahre 1930 im Gebrauche blieb. Pfarrer Günther konnte damals aus Sachsen melden, daß dieses Gesangbuch „freudige Aufnahme seitens des weitaus größten Teils der Gemeinde“ gefunden habe. – Durch 75 Jahre bewährte sich dieses wirklich gute und kirchliche Gesangbuch. Aber es zeigte im Laufe der Zeit doch allerlei Mängel. Es fehlten nicht wenige vortreffliche Lieder, die in anderen Landeskirchen gesungen wurden und die unserer Zeit ganz besonders angemessen waren. Anderseits konnte man eine Reihe von Liedern entbehren, die zu