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 Die Leichen wurden von alters her für Sachsen beim Trauerhause, für auswärtige Orte beim (alten) Dorfeingang abgesungen, für die Orte Neukirchen, Külbingen, Milmersdorf, Herpersdorf und Langenlohe bei dem schon wiederholt erwähnten Totenbaum am Milmersdorfer Weg. Der Totenbaum ist um das Jahr 1760 umgefallen und nicht wieder nachgepflanzt worden. Eine Zeitlang hatte sich die Unsitte eingebürgert, daß vermögende Bauern ihre Toten schon in den nächstgelegenen Orten Volkersdorf, Rutzendorf, Alberndorf, Steinbach und Milmersdorf vom Schülerchor mit Kantor und Kreuz und womöglich auch vom Geistlichen abholen ließen, ein durchaus unsozialer und darum unhaltbarer Ausnahmezustand, der bald wieder abgeschafft wurde.

 Auf dem Gottesacker fand stets nur die Einsegnung statt. Wenn eine Zeitlang vermögende Leute dabei noch eine besondere Grabrede halten ließen, so wurde auch das mit Recht in neuerer Zeit abgestellt. Die Hauptfeier wurde von jeher für die Toten in der Kirche gehalten mit einem Predigtgottesdienst. Über die einstige Unsitte der sog. „Abdankung“ wurde bereits bei den Ausführungen über den Friedhof gesprochen. Geblieben ist davon nur der Gesang des Schülerchors in der Kirche unmittelbar vor dem Trauergottesdienst.

 Ungefähr um das Jahr 1700 kamen da und dort die „Totenkronen“ auf, Kronen aus Silber oder doch versilbertem oder vergoldetem Metall, die Kindern und in Ehren verstorbenen ledigen Personen beim Zug zum Kirchhof auf den Sarg gesetzt wurden. Da sich solch ein Schmuckstück nicht leicht jemand auf eigene Kosten leisten konnte, so pflegte die Kirchenkasse dieselben anzuschaffen und gegen eine geringe Gebühr auszuleihen. In unserer Gegend scheint die Sitte erst spät aufgekommen zu sein; denn erst 1772 kaufte die Kirchenstiftung von Sachsen zwei solche Kronen um den Preis von 29 fl. 10 kr. Sie wurden offenbar gern benützt, denn gleich im ersten Jahre nahm die Kirche davon 4 fl. 44 kr. ein. Die beiden Kronen sind heute noch vorhanden und werden auch noch gebraucht.

 Die Einrichtung der staatlichen Standesämter vom 1. Januar 1876 ab brachte in Sachsen keinerlei Änderung der kirchlichen Ordnung hervor. Die von glaubensloser und unkirchlicher Seite erhoffte Zerstörung der kirchlichen Sitte ist auf dem Lande völlig ausgeblieben und trat auch in den Städten nur ganz wenig in Erscheinung. Bis zum heutigen Tage finden in der Pfarrei Sachsen die Taufen, die Trauungen und die christlichen Beerdigungsfeiern in alter Weise statt.