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weiter hinaustreiben konnte, ebenso Bodenstücke, die sich für den Feld- oder Wiesenbau nicht gut eigneten, wie Abhänge, Seitentäler, sumpfiges Gelände u. ä. Noch vor 130 Jahren gab es in den Gemeinden solche ausgedehnte Weideflächen, die damals erst an die Dorfbewohner, soweit sie „Gemeinderecht“ besaßen, verteilt wurden. Daß auch die Wälder vielfach zur Weide benützt wurden, ist schon S. 13 gezeigt worden. Der Weidetrieb erfolgte vom ersten Frühjahr an bis zum Eintritt des Winters. Die Stallfütterung beschränkte sich auf die Zeit, in der das Vieh draußen nichts mehr finden konnte. Darum brauchte man nicht sehr viele Wiesen, sondern nur soviel, als man zur Beschaffung des Futters für den Winter benötigte. Freilich mußte das Wiesland sehr gut und fruchtbar sein, da man ja einen geordneten Wiesenbau mit Düngung, Entwässerung oder Bewässerung und anderem nicht kannte.

 Die Zubereitung des Flachses erforderte viel Arbeit und Sorgfalt. Die von allem Unkraut und Unrat sorgfältig gereinigten Stengel mußten erst ausgebreitet und in der Sonne gedörrt werden, wie es z. B. auf dem heute noch so benannten „Flachswasen“ bei Sachsen geschah; dann kam das „Rösten“ des Flachses in Weihern oder eigens dazu hergerichteten Wassergruben, wie um 1550 eine solche „Flachsröste“ am Weickersbach oberhalb Rutzendorf erwähnt wird. Weiter war der Flachs wieder zu trocknen und dann recht dürr zu machen, weshalb er in Backöfen gesteckt oder auf Zimmeröfen gelegt wurde. Da hierbei öfters Brände entstanden, verboten die Regierungen späterhin das Dörren des Flachses in den Häusern und ordneten die Erbauung eigener Brechhäuser mit Dörröfen außerhalb der Ortschaften an. Das ist auch überall geschehen, im Markgrafentum seit 1716. Dort wurde dann das Dürrmachen des Flachses besorgt und im Anschluß daran das wiederholte „Brechen“ mit Hilfe der besonderen Geräte. Erst dann konnte der Flachs gehechelt und in Reißen gebündelt werden, um während der langen Winterabende gesponnen und schließlich am Webstuhl zu Leinentuch gewoben zu werden. Ein langer Weg, der so vom Flachs auf dem Acker zu dem Leinenballen der Hausfrau im Wäscheschrank führte. – Von den seiner Zeit errichteten Brechhäusern ist noch eine gute Zahl da und dort am Rande der Dörfer vorhanden, allerdings meist verödet und dem Verfall nahe. Die Mehrzahl wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte schon abgebrochen, nachdem der Flachsbau langsam aufgehört hatte, weil er gegen die billigere Baumwolle und andere Stoffe nicht mehr aufkommen konnte. Manche Brechhäuser wurden auch umgebaut und anderen Zwecken (Maschinenhallen u. ä.) zugeführt.