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die Mittel für die Armenpflege aufbringen, die Verteilung der Mittel aber den politischen Gemeinden zustehen sollte. Da überdies die Kirchenstiftung ihre Einnahmen selbst sehr notwendig brauchte, beschloß 1884 die Kirchenverwaltung, fortan den Ertrag des Klingelsacks selbst zu behalten und ihn für kirchliche Zwecke zu verwenden.

 Durch die neueste Gesetzgebung wurden die Armenpflegen durch die Ortsfürsorgeverbände ersetzt. Irgendeine Teilnahme der Kirche oder ihrer Vertreter an der Fürsorge für die Armen ist nunmehr ausgeschlossen; nur die freiwillige Liebestätigkeit steht ihr noch zu.


9. Die Volksgesundheit

 Gesundheitspflege war in vergangenen Zeiten wenig bekannt. Ärzte gab es auf dem Lande überhaupt nicht und in den Städten nur vereinzelt. Man mußte sich in Krankheitsfällen mit dem begnügen, was erfahrene ältere Leute wußten, und das war meist nicht viel und manchmal recht verkehrt. Einige Kenntnisse eigneten sich mit der Zeit die Bader an, die besonders bei äußeren Verletzungen Hilfe leisten konnten. Bei inneren Leiden aber war man bis in die neuere Zeit herein fast völlig hilflos. Es ist begreiflich, daß dabei die Kurpfuscherei blühte, wie noch 1808 die Klage laut wurde, daß „alte Weiber, Hirten und auch Fallmeister“ an den Kranken herumkurierten.

 Begreiflich ist auch die große Sterblichkeit, wie sie aus den alten Kirchenbüchern zu erkennen ist. Vor allem waren es die Kinder, die leicht dem Tode zum Opfer fielen. So befanden sich z. B. 1682 unter 36 Verstorbenen nicht weniger als 15 kleine Kinder, im folgenden Jahre unter 25 Toten 12 Kinder. Hundert Jahre später ist das Verhältnis nicht viel günstiger; man zählte unter 46 Verstorbenen im Jahre 1782 noch 17 kleine Kinder, im nächsten Jahre 18 unter 46 Toten. Die Bevölkerung nahm deshalb nur ganz langsam zu, obwohl die Zahl der Geburten sich stets auf einer rühmlichen Höhe hielt.

 Die große Kindersterblichkeit hing freilich in erster Linie damit zusammen, daß das Hebammenwesen noch völlig unausgebildet war. Es kamen bei den Geburten oft die schlimmsten Versäumnisse und Verfehlungen vor, die nicht nur den Kindern, sondern allzu häufig auch den Müttern im Wochenbette das Leben kosteten. Um das Jahr 1800 waren die beiden Hebammen von Eyb und Brodswinden zuständig für die markgräflichen Dörfer in der Pfarrei, die Hebamme in Lichtenau für die nürnbergischen Dörfer.

 Zu der hohen Sterblichkeit trugen außerordentlich viel die immer wiederkehrenden Seuchen bei. Wir lesen in den alten Berichten z. B. 1533 von einer „Seuche“, 1543 von einer „pestilenzischen