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durften sie wohl äußere Schäden am menschlichen Leibe behandeln, aber nichts „zur Kur des inneren Menschen“ vornehmen, auch keine Arzneien verschreiben. Überdies mußten sie vor der Zulassung zum Baderberuf erst eine Prüfung ablegen. Auf Grund dieser Prüfung pflegten sich dann die Bader gern als „Chirurgen“ zu bezeichnen. Für Sachsen sind uns die Namen folgender Bader und nachmals Chirurgen überliefert: 1564 Wolf Funk, 1577 Hans Eberlein, 1747 Johann Georg Lämmel, 1764 Johann Friedrich Supf, 1782 Karl Joh. Friedrich Häberlein, aus Weiltingen zugezogen, 1815 Joh. Philipp Friedrich Häberlein, der Sohn des Vorgenannten, 1832 Friedrich Gottschalk aus Bürglein.

 Die Volksgesundheit ist in hohem Grade abhängig von der Lebensweise eines Volkes. Nur eine maßvolle Lebensweise ohne Ausschweifungen und Entartungen vermag auf die Dauer ein Volk bei Kraft, Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten. Leider kann man nicht behaupten, daß diese Grundregel bei uns immer eingehalten worden wäre. Besonders bei außerordentlichen Gelegenheiten, wie bei Taufen, Hochzeiten, Kirchweihen und dergleichen, gab man sich nur zu gern der Völlerei mit Saufen, Fressen und noch schlimmeren Dingen hin. Aber auch sonst gab es oft zu klagen. Wir hören von Zechereien schon am Sonntagvormittag während des Gottesdienstes, von vielem Branntweintrinken in den Wirtshäusern, von unerlaubten Tanzereien an Sonn- und Feiertagen und anderem. Immer wieder mußten die Behörden dagegen einschreiten. So erging z. B. 1594 ein Erlaß der Stadt Nürnberg wider „Hoffarttreiben, Schwelgen, Volltrinken und andere Leichtfertigkeiten“. Im Zusammenhang damit steht die schon erwähnte Überhandnahme der Branntweinbrennereien nach dem Dreißigjährigen Kriege. Oft kommen auch Klagen über Unzucht, Ehebruch und andere Unsittlichkeit vor. Gewiß darf man solche Klagen nicht übertreiben und überschätzen, da in den Berichten immer nur die Schattenseiten des Volkslebens hervorgehoben werden, während die hellen und lichten Seiten als selbstverständlich betrachtet und darum nicht weiter benannt werden. Aber soviel darf und muß gesagt werden, daß es in vergangener Zeit durchaus nicht immer und überall zum besten bestellt war. Manches ergab sich auch aus den Zeitverhältnissen. Wenn im Jahre 1818 das Pfarramt Sachsen darüber Beschwerde führte, daß in der Pfarrei nicht weniger als neun wilde Ehen vorhanden waren, so darf nicht übersehen werden, daß damals die Eingehung einer Ehe für arme Leute außerordentlich erschwert war; jede Gemeindevertretung konnte dagegen Einspruch erheben, wenn sie eine etwaige spätere Belastung der Gemeinde befürchtete. Auch die Eltern der Betreffenden besaßen ein weitgehendes Einspruchsrecht.