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1808 wurde über viel Aberglauben in unseren Gemeinden geklagt, und die letzten Ausläufer reichen noch bis in die Gegenwart herein. Besonders das „Brauchen“, die früher oft geglaubte und geübte Kunst, mit Hilfe von allerlei zauberhaften Formeln und Gebräuchen, bei denen der Name Gottes stark mißbraucht wurde, kranke Tiere und auch kranke Menschen heilen zu wollen, kam noch in nicht zu ferner Zeit vor. Doch wird immer wieder versichert, daß dieser und auch anderer Aberglaube aus der Gemeinde so gut wie verschwunden sei.


2. Weltliches Brauchtum

 Noch in einem gewissen Zusammenhang mit der Kirche steht die heute noch geübte Sitte des Osterfeuers. Schon längere Zeit vor Ostern sammeln Knaben und auch junge Burschen allerlei brennbares, aber sonst nicht weiter brauchbares Material aus Häusern und Höfen, dazu Reisig und Gestrüpp, und tragen es auf eine das Dorf überragende, möglichst weit hinausschauende Höhe. Dort wird am Ostermontag abends der hochaufgeschichtete Haufen angezündet, wobei die Jugend unter fröhlichem Geschrei mit Fackeln in den Händen um das Feuer springt. Früher bestand auch die Sitte, am Johannistag solche Feuer abzubrennen; die markgräfliche Regierung verbot es jedoch im Jahre 1784. Die jetzt wieder üblich werdende Sitte des Johannisfeuers im Gedenken an die Sommer-Sonnenwende ist somit nur die Erneuerung eines alten Brauchtums.

 Einst achtete man viel auf die Zwölfnächte zwischen Weihnachten und Epiphanias. Es durften da bestimmte Arbeiten nicht geschehen, z. B. keine Wäsche aufgehängt werden. Auch sonst hielt man die Tage für bedeutungsvoll für das Geschick der Menschen im kommenden Jahre. Heute achtet niemand mehr darauf, außer daß manche das Wetter an diesen Tagen beobachten und daraus Schlüsse für die Witterung der nächsten 12 Monate ziehen.

 Noch besteht die Sitte des Grenzumgangs durch die mit der Grenzüberwachung und Grenzsteinsetzung betrauten „Siebner“. Vordem erfolgte der Umgang jährlich, jetzt nur noch von Zeit zu Zeit. Gerne nimmt man dabei einige Knaben oder junge Leute mit, um diesen den Verlauf der Flurgrenze genau einzuprägen. Verrückung eines Grenzsteines in der Flur gilt noch heute wie ehedem als schweres Verbrechen, das auch nach dem Tode noch gesühnt werden muß. Allgemein glaubte man früher, daß ein solcher Sünder im Grabe keine Ruhe fände und bei nächtlicher Weile am Grenzstein „umgehen“ müßte.

 Vor 50 Jahren kam es noch vor, daß in der Nacht zur Fastnacht aller Unrat im Hause mit einem alten Besen zusammengekehrt, auf