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IX. Kriegsläufte

1. Die Türkenkriege

 Wie schon wiederholt berührt wurde, hatte das deutsche Volk in früherer Zeit immer wieder mit den Türken zu tun. Diese brachen über Bulgarien und Ungarn stets aufs neue in deutsches Land herein, nach Österreich, auch Steiermark und Kärnten. Äußerst groß war die Gefahr, daß sie noch weiter nach Deutschland eindrangen und wie einst die Hunnen alles verwüsteten, die Leute hinmordeten oder in die Sklaverei fortschleppten. Darum waren die deutschen Heere immer wieder genötigt, zum Kampf gegen den Erbfeind der Christenheit auszuziehen. In der Reformationszeit war es Kaiser Karl V., der wiederholt das deutsche Volk zum Krieg aufbieten mußte. Eben deshalb konnte er auch nicht so gegen die Evangelischen vorgehen, wie er es wollte, sondern mußte ihnen Ruhe und Frieden gewähren. Denn er brauchte zum Krieg auch die evangelischen Reichsstände; und gerade seine Erblande Österreich, Steiermark usw. waren am ersten und am meisten bedroht.

 Das Reich mußte zum Krieg auch oftmals die sogenannte Türkensteuer, eine allgemeine Reichssteuer, bewilligen. Von der Kirche wurden mehrfach Bußtage und Bittgottesdienste angeordnet. Im Jahre 1542 wurde sogar die „Türkenglocke“ eingeführt, von der schon die Rede war, d. h. jeden Mittag um 12 Uhr sollte überall in Deutschland die Betglocke läuten, damit die Leute Gott um Schutz und Hilfe gegen die Türkennot anriefen. Die Glocke läutet heute noch, obwohl die Türkengefahr längst geschwunden ist und niemand mehr die Bestimmung der 12-Uhr-Glocke kennt. Von den Behörden wurden zeitweise alle Tänze und weltlichen Vergnügungen verboten, auch Sammlungen für die Türkenkämpfer angeordnet.

 Am schwersten drohte die Türkengefahr nach dem Dreißigjährigen Kriege, als Deutschland furchtbar geschwächt darniederlag. Im Jahre 1663 hatte man bei uns so schwere Sorge vor einem Türkeneinfall, daß der markgräfliche Hof bereits Vorbereitungen traf, von Ansbach wegzuziehen und alle wertvollen Gegenstände in Sicherheit zu bringen. Alle Tänze, öffentliche und private Musik, „Üppigkeiten, Schreien und Jauchzen auf den Gassen oder anderswo“ wurde strengstens untersagt. Doch ging damals die Gefahr wieder vorüber. Aber 20 Jahre später, 1683, drangen die Türken doch bis Wien vor und belagerten die Hauptstadt des deutschen Kaisers. Mit Mühe hatte sich der kaiserliche Hof nach Passau retten können. Größte Bedrängnis mußte aber die Stadt Wien viele Wochen hindurch ausstehen gegen