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als „Deutsche“ fühlen lernten. Die gemeinsame Not schloß das Volk innerlich zusammen.

 Zunächst galt es, das Joch Napoleons wieder abzuschütteln. Es mußte der große Freiheitskrieg von 1813 und 1814 geführt werden. Napoleon hatte es gewagt, im Jahre 1812 gegen Rußland mit einem ungeheuren Heere zu Felde zu ziehen; aber der russische Widerstand einerseits und die furchtbare Winterkälte anderseits gaben seinem Heere den Todesstoß. Was nicht auf den Eisfeldern Rußlands verblutete oder von Frost und Hunger dahingerafft wurde, mußte in wilder Flucht heimwärtskehren. „Mit Mann, mit Roß und Wagen hat sie der Herr geschlagen“, wie es in einem Liede heißt. Auch aus Bayern hatten 30000 Soldaten dem Rufe des Franzosenkaisers folgen müssen, viele gewiß auch aus unserer Gegend; aber nur wenige konnten den Heimweg finden. Und nun stand Deutschland auf, und im Bunde mit Österreich und Rußland begann es seinen heldenhaften Freiheitsskampf. Bald in Preußen, bald in Sachsen und Böhmen wurde gekämpft, bis es am 16.–19. Oktober 1813 zur großen Völkerschlacht bei Leipzig kam, wo endlich unter heißestem Ringen Napoleon entscheidend aufs Haupt geschlagen wurde. Bayern hatte sich schon am 8. Oktober von Napoleon losgesagt, kam aber nicht mehr recht zur Schlacht bei Leipzig. Dafür trat es dem flüchtenden Heere bei Hanau am Main entgegen, freilich ohne den französischen Kaiser ernstlich aufhalten zu können. Es zogen dann die siegreichen Heere nach Frankreich hinein, wo sie nach mehreren Schlachten am 31. März 1814 ihren Einzug in Paris halten durften. Noch ein zweiter Freiheitskrieg wurde 1815 notwendig, als der in die Verbannung geschickte Kaiser Napoleon noch einmal zurückkehrte; doch ein rascher Sieg der verbündeten Heere bei Waterloo in Belgien am 18. Juni 1815 und ein zweiter Einzug in Paris machte seiner Herrlichkeit bald ein Ende. Auf der Insel Helena in Atlantischen Meere mußte er einsam seine letzten Lebensjahre verbringen.

 Durch den Kampf um die Freiheit war das Einheitsbewußtsein des deutschen Volkes mächtig gewachsen. Es blieb auch in der Folgezeit lebendig, obwohl die deutsche Kleinstaaterei fortbestehen blieb und der Einheitswille besonders von Österreich aus heftig bekämpft wurde. Es wurde trotz allem 1833 der deutsche Zollverein gegründet, und 1848 trat die erste deutsche Nationalversammlung in Frankfurt zusammen. Zu einer wirklichen Einigung fehlte freilich noch vieles. Vor allem stand der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich hindernd im Wege. Ein friedlicher Ausgleich erwies sich auf die Dauer ebenso als unmöglich wie eine gedeihliche Zusammenarbeit der beiden Mächte. Es mußte schließlich eine kriegerische Auseinandersetzung erfolgen, wie sie dann 1866 vor sich ging.