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und die Ukraine wurden genommen, Serbien und ein Teil des Balkan erobert, ein gutes Stück von Oberitalien besetzt. Überall waren die deutschen Regimenter siegreich. Aber der Feinde waren zu viele, zumal als auch noch Nordamerika in den Krieg eingriff. Und dann gebrach es bei uns an den nötigen Rohstoffen zur Herstellung des Kriegsmaterials und nicht zum letzten auch an den erforderlichen Lebensmitteln. So stockte immer wieder der siegreiche Vormarsch unserer Truppen, sie mußten sich auf den verlustreichen und nervenzermürbenden Stellungskrieg einstellen. Langsam mußte zuletzt da und dort die Front zurückgenommen werden. Dennoch wäre es gewiß, wenn nicht zum Siege, so doch zu einem erträglichen Frieden gekommen, wenn man auf deutscher Seite nicht versäumt hätte, die Flotte, die sich in der Schlacht am Skagerrak so rühmlich hervorgetan hatte, rechtzeitig in ihrer vollen Schlagkraft einzusetzen und ebenso die Unterseeboote, die gleichfalls Großes geleistet hatten, zur vollen Wirksamkeit zu bringen. Auch hätte in der Heimat nicht Streik und Meuterei geduldet werden dürfen, die beide schließlich zu dem bekannten „Dolchstoß in den Rücken der Front“ führten. So mußte sich das deutsche Heer mit blutendem Herzen zu jenem Waffenstillstand bequemen, den es im Vertrauen auf die Zusicherungen des amerikanischen Präsidenten Wilson in den bekannten 14 Punkten abschloß. Aber dann brach am 9. November 1918 die Revolution in Deutschland aus und lieferte damit das deutsche Volk der schonungslosen Willkür der Feinde aus. Jeder Widerstand gegen die feindlichen Forderungen war unmöglich gemacht; Deutschland mußte den von seinen Gegnern ohne Anhören der deutschen Regierung diktierten schmachvollen Frieden von Versailles unterschreiben.

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 Unerhört waren die Friedensbedingungen. Elsaß-Lothringen fiel an Frankreich, Eupen und Malmedy an Belgien, ein Teil von Holstein an Dänemark, Posen und ein Teil von Westpreußen, dazu später noch Ostoberschlesien an Polen, das Memelland an Litauen, das Hultschiner Ländchen an die Tschechei. Sämtliche Kolonien wurden weggenommen und als „Mandate“ an die Siegerstaaten England und Frankreich verteilt. Das ganze Heer mußte aufgelöst werden bis auf einen kleinen Rest von 100000 Mann, der als Söldnerheer bestehen bleiben durfte. Alle Festungen mußten geschleift, alles Kriegsmaterial bis zur letzten Patrone abgeliefert, alle Fabriken, die zur Erzeugung von Kriegsmaterial dienen konnten, umgestellt werden. Riesige Mengen an Vieh, Kohlen und anderen Produkten waren abzuliefern. Eine breite Zone an den Grenzen Deutschlands durfte weder mit Militär belegt noch sonstwie kriegsmäßig behandelt werden. Eine ungeheure, in ihrer Höhe gar nicht begrenzte, von vornherein unerschwingliche Kriegsschuld sollte an die Feinde bezahlt werden.