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oder Gütern, sondern sie besaßen diese nur in Abhängigkeit von ihren Grundherren, unter denen sie als „Grundholden“ standen. Man bezeichnete sie gerne als Halbfreie im Unterschiede von den freien Rittern und anderen Herren, aber auch im Unterschiede von den Unfreien, die zumeist aus Kriegsgefangenen oder aus unterworfenen Völkern, wie den Wenden oder Slawen, hervorgegangen waren. Diese mußten ganz als Leibeigene, als fest an den Hof gebundene Knechte und Mägde ihren Herren dienen, durften aber auch mit der Zeit zu den Rechten der Halbfreien aufsteigen, wie wir bei der Beschreibung des Dorfes Ratzenwinden gesehen haben. Diese Halbfreien konnten trotz ihrer Abhängigkeit doch zumeist ziemlich frei über ihren Hof verfügen, konnten ihn verkaufen und vor allem an ihre Kinder weitervererben. Die zu leistenden Abgaben waren verschieden; meist war es eine Geldabgabe („Zins“) und weiter eine Jahresleistung an Getreide (die „Gült“). Dazu kam bei Verkauf oder Vererbung noch das sogenannte „Handlohn“, eine Besitzveränderungsabgabe in verschiedener Höhe, meist der 15. Teil vom Wert des Hofes bei einem Verkauf, und der 30. Teil bei der Vererbung.

 Große Herren suchten auch noch durch Ankäufe ihren Grundbesitz und ihre Einkünfte zu vermehren. Die größten unter ihnen verstanden es, mit der Zeit auch landesherrliche Rechte zu erwerben und wurden so nach und nach aus Grundherren zu Landesherren. Andere freilich vermochten ihren Besitz nicht zu erhalten; Notzeiten, Unglücksfälle, Schulden u. a. nötigten sie oft, ihr Grundeigentum wieder ganz oder teilweise zu veräußern. Dadurch kam die Grundherrschaft häufig in die Hände kleinerer Herren, reicher Bürger und anderer Privatleute. Grundherrliche Rechte waren dann oft nur noch ein Gegenstand des Handels und der Kapitalsanlage.

 Als Zeichen für die Anerkennung der Grundherrschaft galt vielfach, wenn auch nicht immer, die Abgabe einer oder mehrerer Fastnachts-Hennen an den Grundherrn. Auch sonst wurden oft Hennen, z. B. Herbsthühner, als Leistung vereinbart, daneben mitunter noch Wachs (meist an Gotteshäuser zur Bereitung von Kerzen) oder Brot, wie die „Weihnachtssemmel“, und anderes.

 Mit der Grundherrschaft waren gewisse Aufsichtsrechte verbunden, „Vogtei“- und Polizeirechte, ja nicht selten sogar die niedere Gerichtsbarkeit in Prozeßsachen, geringeren Vergehen, Nachlaßsachen und dergleichen. Bürgerliche Grundherren konnten freilich solche Rechte nicht ausüben, sie mußten sich notgedrungen an den Landesherrn halten. Dagegen machten größere Grundherren wohl davon Gebrauch, wie das Gumbertusstift in Ansbach oder das Reiche Almosen in Nürnberg.