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Vier Jahre später traf wieder einer größeren Zahl von Männern, Frauen und Kindern dieses Schicksal, und 804 folgte der größte Trupp nach, den Einhard mit 10000 angibt. Wo sie überall angesiedelt wurden, ist im einzelnen nicht bekannt; wir wissen nur soviel, daß sie Bischöfen, Klöstern und Großen des Reiches zur Seßhaftmachung übergeben wurden. Unter den Bischöfen wird auch der von Würzburg genannt. Da aber das unterfränkische Gebiet damals bereits dichter besiedelt war, so liegt die Annahme sehr nahe, daß er einen Teil seiner Sachsen weiter hinaussandte in die noch sehr schwach besetzten Gegenden in seinem Bistum. So werden wir uns die Entstehung der verschiedenen „Sachsen“-Orte zu erklären haben, wie Sachsen bei Leutershausen, Ober- und Untersachsen bei Neustadt a. Aisch, Sachsen bei Ansbach neben manchen anderen Ortsnamen, die sächsisch klingen. Bei dem letztgenannten Sachsen liegt diese Annahme um so näher, als das Kloster zu Ansbach ja im Eigentum des Bischofs von Würzburg stand und der Ort Sachsen tatsächlich auf klösterlichem Grund und Boden errichtet wurde. Eine etwaige andere Erklärung des Ortsnamens Sachsen kann nach Lage der Verhältnisse gar nicht in Frage kommen.

 Es mußte Karl d. Gr. viel daran liegen, seine umgesiedelten Sachsen überall in kirchlicher Hinsicht gut zu versorgen. Er wollte sie doch nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich mit seinem Großreich verschmelzen und betrieb deshalb ihre Bekehrung zum Christentum. Sein organisatorischer Geist ließ ihn auch sonst allenthalben für kirchliche Belange eintreten, wie wir es bei seinen Kirchenbauten in Oberfranken erkennen, die sichtlich nicht nur den dort wohnenden Slaven dienen sollten, sondern ebensosehr und vielleicht noch mehr den ins Land gekommenen deutschen Kolonisten. Was so der Frankenkönig in Oberfranken tat, wird er auch in Mittelfranken nicht versäumt haben. Er wird sicher vorgesorgt haben, daß die im Rezatgebiet ansässig gemachten Sachsen in die kirchliche Organisation hereingenommen und mit ihnen zugleich auch die umwohnende deutsche, schon längst zum Christentum bekehrte Bevölkerung kirchlich erfaßt wurde. Die Annahme ist berechtigt, daß um die Zeit der Sachsenansiedlung in unserem Gebiet die erste Parochialkirche errichtet wurde und daß Karl d. Gr. selbst die Hand dazu bot, zumal, wenn er vom Bischof in Würzburg auf den hier bestehenden kirchlichen Notstand aufmerksam gemacht worden war. Er konnte und mußte die erforderlichen Vollmachten erteilen und die nötigen Anordnungen treffen, wenn die Bevölkerung zur Mithilfe beim Kirchen- und Pfarrhausbau und weiter zur Bereitstellung des Pfründe- und Kircheneinkommens angehalten werden sollte. Dem kleinen Kloster mit seinem allzu geringen Einkommen war dergleichen nicht möglich, und sonst war niemand vorhanden, der helfend hätte eingreifen können. Die wirtschaftliche Ohnmacht des Klosters war wohl überhaupt der Grund, daß bisher noch keine parochiale Einrichtung getroffen worden war, weder in Ansbach, noch in der weiteren Umgebung. Hier vermochte nur eine stärkere Macht Abhilfe zu schaffen.

 Warum gerade Sachsen und nicht der klösterliche Mittelpunkt Ansbach als Pfarrsitz erwählt wurde, kann nur siedlungsgeschichtlich und wirtschaftlich verstanden werden. Siedlungsgeschichtlich, weil um das Jahr