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besonders nach Süden (Wendensiedlungen) und nach Norden (Wenden und andere Niederlassungen) sicher zu stellen.

 Daß um das Jahr 800 eine Pfarrei Ansbach noch nicht bestand, darf aus der Tatsache geschlossen werden, daß der Großzehnte von Eyb an die Pfarrei Sachsen fiel. Da Eyb nur eine kleine halbe Stunde von Ansbach entfernt liegt, während nach Sachsen die doppelte Entfernung besteht, da überdies der Weg von Eyb nach Ansbach eben liegt, während nach Sachsen eine Berghöhe zu überwinden ist, so würde Eyb bei seiner Entstehung – wohl erst geraumere Zeit nach 800 – sicher zur Ansbacher Pfarrei geschlagen worden sein, womit von selbst auch der Zehnt dorthin geflossen wäre. In gleicher Entfernung wie Eyb liegt auf der anderen Seite von Ansbach das Dorf Schalkhausen. Dieses behielt seinen Zehnten für die eigene Kirche, ebenso die dazu gehörige Mutterkirche Neunkirchen. Auch diese beiden Zehntverhältnisse sprechen für eine erst späte Entstehung der Pfarrei Ansbach. Doch mögen hier noch anderweitige grundherrliche Verhältnisse inmitten liegen. Es wäre wichtig zu wissen, welche Zehntrechte einst zur Pfarrei Ansbach gehörten: allein die späteren Fassionen enthalten davon nichts; nur läßt der Titel einer größeren Geldbesoldung vom „Stiftsamt“ vermuten, daß die sicher vorhandenen Zehnten einmal, vielleicht nach der Inkorporation der Pfarrei in das Gumbertusstift, von diesem eingezogen und als Ersatz dafür entsprechende Geldleistungen festgesetzt wurden.

 So weisen alle geschichtlichen Tatsachen auf eine spätere Zeit für die Gründung der Pfarrei Ansbach hin. Als Zeitpunkt legt sich am günstigsten die Ansiedlung der Wenden und die dadurch bedingte erhebliche Vermehrung der Bevölkerung um Ansbach her nahe, also die Zeit bald nach 911. Wenn dabei drei Wendenorte, Ratzenwinden, Wolfartswinden und Brodswinden, zur Pfarrei Sachsen kamen, statt zur Pfarrei Ansbach, so darf auch das als Beweis gewertet werden, daß Sachsen mit seinem Pfarrbereich schon vorher zur Stelle war und daß man seine Parochialgrenzen achtete, obwohl die betreffenden Orte von Ansbach nicht sehr viel weiter entfernt lagen als von Sachsen, zum Teil – Brodswinden – sogar gleiche Entfernung aufwiesen. So kommt man mit Bayer[1] auf die von ihm errechnete Zeit um das Jahr 920. Da um jene Zeit das Kloster nicht mehr bestand und der Bischof von Würzburg das freie Verfügungsrecht über die Klostereinkünfte in Händen hatte, konnte er sehr wohl einen Teil davon zum Bau der Kirche und zur Dotierung der Pfarrei verwenden. Der übrige, im Laufe der folgenden Jahre offenbar stark vermehrte Klosterbesitz reichte dann immer noch aus, um im Anfang des 11. Jahrhunderts ein Chorherrenstift aufleben zu lassen.

 Zu der Zeit um 920 stimmt sehr gut das Patrozinium der Ansbacher Kirche. St. Johannes (der Täufer). Seine Verehrung erreichte im 9. und 10. Jahrhundert eine besondere Blüte[2]. Wenn Weigel meint, daß bei einer so späten Errichtung der Kirche der unterfränkische Heilige St. Kilian genommen worden wäre, so ist dem entgegenzuhalten, daß


  1. Bayer 41.
  2. Deinhard 91.