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wie mit der Liebe, obgleich mir ein Quarantänebeamte versicherte, dass gegen Liebe und Fieber alle Quarantänemassregeln erfolglos seien.

Für den, der den Orient zum ersten Male besucht, mag Batum immerhin einigen Reiz besitzen, obgleich sein orientalisches Leben selbst einem türkischen Effendi ganz erbärmlich erscheinen muss. Elende Häuser, einige Moscheen, halb zerlumpte Türken und Griechen und mitunter ein phantomartig verschleiertes Weib sind übrigens Alles, was Batum an orientalischen Bildern bietet. Zudem haftet an dem Gesamtbilde der Stadt noch ein sehr prosaischer Anflug hoher Zivilisation, denn Feuer, Wasser, Luft und Erde duften hier nach Petroleum, für welches Batum ein wichtiger Ausfuhrplatz ist.

Petroleumduft und Fieberluft sind nicht gerade anziehend, weshalb ich auch Batum gern den Rücken kehrte und mich zur Weiterreise nach Tiflis anschickte.

Die Eisenbahn dahin führt durch Gurien und Imeretien, zwei der schönsten Provinzen des alten Georgiens, das einst in den Tagen seiner Macht bis an das Schwarze Meer reichte und die ganze Landstrecke zwischen dem grossen und kleinen Kaukasus umfasste. Mingrelien, Gurien, Imeretien, Kartalinien und Kachetien waren damals seine Provinzen und erst später in den Zeiten des Verfalls zerfiel das Bagratidenreich in einzelne kleine Staaten, die ihre eigenen Fürsten hatten und durch ihre langwierigen Zwiste den Untergang der Selbstständigkeit Georgiens herbeiführten.

Bald hinter Batum nähert sich der Schienenweg dem Meeresufer und läuft eine weite Strecke längs demselben hin. Das schöne, blaue Meer, die herrliche Azurwelt lacht gar wonnig im Sonnenglanze und frisch toben die Wellen an das Ufer und werfen ihre Wasserperlen bis herauf auf den Schienendamm. Bald ist die weite Meeresfläche von einem grünen Schimmer überflogen, bald färbt sie sich veilchenblau

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)