Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.1 (1854).pdf/100

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wie oft angerathen wird? Sollen sie Mozartisch schreiben? Aber wer kann denn Gesetze aufstellen, daß man gerade so weit gehen dürfe und nicht weiter! Soll man eine schöne Idee verdammen, weil sie noch nicht ganz schön ausgedrückt und ausgeführt ist? Ich weiß nicht, wie hoch es Hiller bringen wird; aber er ist um seiner selbst willen darauf aufmerksam zu machen, daß er das Gelungene von dem Mißrathenen abtrennen lerne, daß er wohlwollende Freunde frage, denen er ein Urtheil, in wie weit sich etwas für die Oeffentlichkeit schicke, zutrauen darf und die ihm sagen: „on ne peut pas être grand du matin jusqu’au soir — man soll die Kinder, die man lieb hat, züchtigen — in meinen vier Pfählen kann ich treiben, was mir gefällt; wer aber an die Sonne der Oeffentlichkeit tritt, wird von ihr beschienen.“

Wir kommen zu den Etuden zurück. Eins fällt mir auf und ein. Hiller scheint oft die Worte, den Ausdruck eher zu haben als den Sinn, den Gedanken; er legt den Schmuck bereit, ohne die Schönheit zu besitzen, die jener erhöhen soll — in Bildern: er hat die Wiege fertig, ehe an die Mutter gedacht ist; wie einem Juwelier geht es ihm, dem es gleich gilt, von welchem Kopf sein Diadem getragen wird, ob von einer schönstolzen Römerjungfrau oder von einer grauen Oberhofmeisterin, wenn er nur seine Waare anbringen kann. Obschon dieses Mißverhältniß bei Studien nicht so hoch anzuschlagen ist, als bei höhern Compositionsgattungen, so würde ich doch