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Etuden, wie Nr. 4, 8, 18, in denen die Figur als Haupt-, der Gedanke als Nebensache erscheint, der vielen andern wegen (wie 5, 6, 10, 16, 23), wo Etudenzweck und Gedankenadel vereint sind, gänzlich unterdrückt haben.

So steht auch die Melodie in untergeordnetem Verhältniß zur Harmonie, welche reich, ja orientalisch, oft auch hart fortschreitet. Unbegreiflich ist es, wie Jemand, der so viel in Musik gelebt und geschrieben, Bestes und Schlechtestes gehört und unterscheiden gelernt hat, wie unser Componist, in seinen eignen Sachen Harmonieen stehen lassen kann, die nicht etwa falsch nach gewissen altwaschenen Regeln, sondern so widrig klingen, daß ich ihm, wenn ich ihn nicht weiter kennte, geradezu sagen müßte: „es fehlt dir das musikalische Ohr.“ Zu so einem Ausspruch würden mich die ersten Noten im 2ten Tact der 9ten Etüde bestimmen; erst vermuthete ich Druckfehler, fand aber die gräßliche verdoppelte Terz bei der Wiederholung wieder. Fast in allen Etüden finden sich solche unleidliche Intervalle.

Was nun die Form und den Periodenbau unsrer Etüden anlangt, so unterscheiden sie sich wesentlich von andern durch ihre Ungebundenheit, die freilich oft auch in Unklarheit und Mißverhältniß ausartet. Wir wollen hier eine zergliedern, gleich die erste: