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Wie thut es wohl, wenn uns Mozart (in der G moll-Symphonie[H 1]) und Beethoven (in den meisten seiner späteren) gleich in vollen Zügen vom reichen, sprudelnden Leben kosten lassen. Ja! ich halte — selbst an einigen Haydn’schen Symphonieen — jenes plötzliche Ueberstürzen vom Adagio in’s Allegro für einen größeren ästhetischen Verstoß als hundert chromatisch-gehende Quinten. Dann würde ich einzelne vierstimmige Sätze für Blasinstrumente irgend schattiren; denn es klingt solches immer, als wollten sie sagen: „horcht, wir blasen jetzt vierstimmig,“ einer gewissen Verlegenheit des Publicums nicht zu gedenken, welches sehr auf die pausirenden Violinisten aufpaßt. Endlich würde ich vielleicht im letzten Satz bei der Steigerung des Forte und Fortissimo in die f f f einige Instrumente weglassen, um sie bei den f f f bei der Hand zu haben, wie etwa im letzten Satz der A dur-Symphonie, wo sich, als man glaubt, das Lärmen der Gesellschaft[1] könne nicht toller werden, auf einmal ganz neue Stimmen und Kräfte hören lassen, welche das Toben auf die vielleicht höchste (intensive) musikalische Höhe treiben… — Dann aber (wär’ ich Verleger,) müßte die Partitur hinaus in die Welt.

Geschrieben am Morgen nach der Aufführung.

Florestan.


  1. Ich fürchte gesteinigt zu werden von den Beethovenern, wenn ich sagen wollte, was ich dem Schlußsatz der A dur-Symphonie für einen Text unterlege.[H 2]

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Wolfgang Amadeus Mozart, Sinfonie Nr. 40 g-moll KV550, die sogenannte „große g-moll Sinfonie“.
  2. [GJ] Vgl. darüber den dritten Schwärmbrief (S. 199). [WS] Die A-Dur-Symphonie ist Beethovens 7. Sinfonie A-Dur op. 92 (1811–1812). Schumann schrieb vier Schwärmbriefe, von denen er nur den ersten und dritten in seine Gesammelten Schriften übernahm.