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wie ich es bei wenigen andern Componisten bemerkt habe. Seine Melodieen zeichnen sich nämlich durch eine solche Intensität fast jedes einzelnen Tones aus, daß sie, wie viele alte Volkslieder, oft gar keine harmonische Begleitung vertragen, oft sogar dadurch an Tonesfülle verlieren würden. Berlioz harmonisirt sie deshalb meist mit liegendem Grundbaß oder mit den Accorden der umliegenden Ober- und Unterquinten.[1] Freilich darf man seine Melodieen nicht mit dem Ohre allein hören; sie werden unverstanden an denen vorübergehen, die sie nicht recht von innen heraus nachzusingen wissen, d. h. nicht mit halber Stimme sondern mit voller Brust – und dann werden sie einen Sinn annehmen, dessen Bedeutung sich immer tiefer zu gründen scheint, je öfter man sie wiederholt.

Um nichts zu übergehen, mögen hier noch einige Bemerkungen über die Symphonie als Orchesterwerk und über den Clavierauszug von Liszt Raum finden.

Geborner Virtuos auf dem Orchester, fordert er allerdings Ungeheures von dem Einzelnen wie von der Masse, – mehr als Beethoven, mehr als alle andern. Es sind aber nicht größere mechanische Fertigkeiten, die er von den Instrumentisten verlangt: er will Mitinteresse, Studium, Liebe. Das Individuum soll zurücktreten, um dem Ganzen zu dienen, und dieses sich wiederum

  1. Das erste z. B. S. 19. T. 7., S. 47. T. 1., das zweite in der Hauptmelodie des „Balls“, wo die Grundharmonieen eigentlich A, D, E, A sind, dann im Marsch S. 47. T. 1.