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kleinere, speciellere Bilder können der Musik einen so reizend festen Charakter verleihen, daß man überrascht wird, wie sie solche Züge auszudrücken vermag. So erzählte mir ein Componist, daß sich ihm während des Niederschreibens unaufhörlich das Bild eines Schmetterlings, der auf einem Blatte im Bache mit fortschwimmt, aufgedrungen; dies hatte dem kleinen Stück die Zartheit und die Naivität gegeben, wie es nur irgend das Bild in der Wirklichkeit besitzen mag. In dieser feinen Genremalerei war namentlich Franz Schubert ein Meister, und ich kann nicht unterlassen, aus meiner Erfahrung anzuführen, wie mir einesmals während eines Schubertschen Marsches der Freund, mit dem ich ihn spielte, auf meine Frage, ob er nicht ganz eigene Gestalten vor sich sähe, zur Antwort gab: „wahrhaftig, ich befand mich in Sevilla, aber vor mehr als hundert Jahren, mitten unter auf- und abspazierenden Dons und Donnen, mit Schleppkleid, Schnabelschuhen, Spitzdegen u. s. w.“ Merkwürdiger Weise waren wir in unseren Visionen bis auf die Stadt einig. Wolle mir keiner der Leser das geringe Beispiel wegstreichen!

Ob nun in dem Programme zur Berliozschen Symphonie viele poetische Momente liegen, lassen wir dahingestellt. Die Hauptsache bleibt, ob die Musik ohne Text und Erläuterung an sich etwas ist, und vorzüglich, ob ihr Geist inwohnt. Vom ersten glaub’ ich Einiges nachgewiesen zu haben; das zweite kann wohl Niemand läugnen, auch nicht einmal da, wo Berlioz offenbar fehlte.