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denen alles wogt und springt – Locke, Auge, Lippe, Arm, Fuß. Der Zuschauer wird unter die Tänzer hineingerissen, die Musiker sind gar nicht verdrießlich, sondern blasen lustig drein,[H 1] die Tänze scheinen selbst mit zu tanzen; ihre Tonarten sind D dur, A dur. Die letzte Classe machen die Des- und As dur-Schwärmer aus, deren Vater der Sehnsuchtswalzer[H 2] zu sein scheint, die Abendblumen und Dämmerungsgestalten, die Erinnerungen an die verflogene Jugend und an tausend Liebes. Die vorliegenden gehören mehr zur ersten Gattung als zur letzten, zur zweiten gar nicht.

Nun lud ich die 8 Romanzen und Adagios[H 3] in die Maschine. Mit guter Absicht und um sie im Springurtheil, was jetzt beliebt ist, zu versuchen, steckt’ ich ein Orgelstück als Matrone zwischen Polichinells.[H 4] Die herrlichsten Resultate blieben nicht aus.

Auf I kam a, auf II=c, auf III=c, auf IV entschieden 1. Der Psychometer fuhr etwas dunkel fort: – man kann Gutes im Stillen wirken, aber man soll nicht alles im Ganzen bedeutend nehmen; dadurch wird dem Bessern Platz genommen – Mittelstimmen müssen da sein: offenbar geht aber die eigentliche Melodie verloren, schreien jene so stark (es ist das wohl tiefer zu beziehen, als auf die Mittelstimmen im Werk). – Dennoch schadet guter Wille, sollte er auch nicht durch Talentkraft unterstützt sein, der Kunst seltener als talentvolle Anmaßung. Der Biene vergiebt man den Stachel des Honigrüssels halber, der Wespe jenen nicht, weil ihr

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Vorlage: drein ein,
  2. [WS] Der zweite Walzer von Franz Schuberts [36] Original Tänze für das Piano-Forte op. 9 D365 (1818) As-Dur trägt in der Erstausgabe 1821 den Titel Trauer Walzer, dann, 1826, als Komposition Beethovens veröffentlicht, den Beinamen Sehnsuchtswalzer. Schumann schrieb in den Jahren 1831–1834 an Variationen über den „Sehnsuchtswalzer“ von Franz Schubert – Scenes musicales sur un theme connu, die aber Fragment blieben.
  3. [WS] Karl Geissler (auch Geißler oder Geisler), * 28. April 1802 in Mulda/Sachsen, † 13. April 1869 in Bad Elster. Organist und Musikdirektor in Zschopau; nicht zu verwechseln mit Karl Friedrich August Geissler (1804–1869), Organist in Leipzig. 8 Romanzen und Adagio’s op. 11 für Physharmonika (oder Orgel), Leipzig: Kistner 1834.
  4. [WS] Matrone, eine angesehene verheiratete Frau von reifem Alter. Polichinello oder Pulcinella, Figur aus der Commedia dell’arte, ein listiger und zugleich tölpelhafter, gefräßiger Diener bäuerlicher Herkunft.