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Ouverture zum Mährchen von der schönen Melusina.
Von F. Mendelssohn Bartholdy.
(Zum erstenmal in Leipziger Concerten gehört im December 1835.)[H 1]

Vielen macht nichts größere Sorge, als daß sie nicht dahinter kommen können, welche der Ouverturen von Mendelssohn eigentlich die schönste, ja beste. Schon bei den früheren hatte man vollauf zu thun und zu beweisen, — jetzt tritt noch eine vierte hervor. Florestan theilt deshalb die Parteien in Sommernachtsträumler (bei weitem die stärkste), in Fingaller[H 2] (nicht die schwächste, namentlich beim andern Geschlechte) u. s. w. ein. Die der Melusinisten möchte man allerdings die kleinste heißen, da sie zur Zeit, außer zu Leipzig, nirgends in Deutschland gehört worden ist, und England, wo die philharmonische Gesellschaft sie als ihr Eigenthum zuerst aufführte, nur im Nothfall als Reserve zu gebrauchen wäre. –

Es gibt Werke von so feinem Geistesbau, daß die bärenhafte Kritik selbst wie verschämt davortritt und Complimente machen will. Wie dies schon bei der

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Die Ouvertüre zur Melusine wurde zum erstenmal am 23. Nov. 1835 im Gewandhause gespielt. In Abwesenheit Mendelssohns, der zum Begräbniß seines Vaters in Berlin war, hatte C. G. Müller die Direction übernommen. — Das Werk war noch nicht gedruckt, die Partitur, welche Schumann eingesehen hatte, Mendelssohns Originalhandschrift. Sie trägt am Schluß das Datum „Leipzig den 17. Nov. 1835“, componirt ist das Werk schon im Jahre 1833. Ueber die Anregung zu demselben schrieb Mendelssohn unterm 7. April 1834 an seine Schwester Fanny: „Ich habe diese Ouvertüre zu einer Oper von Conradin Kreutzer geschrieben, welche ich voriges Jahr um diese Zeit im Königstädter Theater hörte. Die Ouvertüre wurde da capo verlangt und mißfiel mir ganz apart; nachher auch die ganze Oper, aber die Hähnel nicht, sondern die war sehr liebenswürdig und namentlich in einer Scene, wo sie sich als Hecht präsentirt und sich die Haare macht, da bekam ich Lust, auch eine Ouvertüre zu machen, die die Leute nicht da capo riefen, aber die es mehr inwendig hätte, und was mir am sujet gefiel, nahm ich und kurz, die Ouvertüre kam auf die Welt und das ist ihre Familiengeschichte“. I.337–338. Anm. 51 [WS] Felix Mendelssohn Bartholdy: Das Märchen von der schönen Melusine, Konzert-Ouvertüre op. 32.
  2. [GJ] Die Ouvertüre zur Fingalshöhle war bei der ersten Ausführung in Leipzig (4. December 1834) unter dem Titel: „Ossian in Fingals Höhle“ angekündigt. Ursprünglich nannte Mendelssohn sie „Ouvertüre zur einsamen Insel“. (Brief vom 10. December 1830.)