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leise abdachen sollte. In solchen Fällen bedarf es nur eines Schiedsrichters wie der Hausfrau Molières,[H 1] d. h. Jemandes, der richtig und einfach empfindet, um ohne Gnade zu ändern, wo auf Kosten der Natürlichkeit durch Zierrath oder Schnörkelei gefehlt.

Es wäre leicht, mehre Beispiele solcher hypochondrischen Unsicherheit nachzuweisen. So glaube ich nicht zu irren, wenn ich den ursprünglichen Anfang des Pianofortesolos acht Tacte später vermuthe, so auffallend stehen diese außer dem Zusammenhang des Ganzen. Vielleicht schob er sie ein, um in dem Hörer die Erinnerung an den Anfang des H moll-Concertes von Hummel,[H 2] seines Lehrers, zu unterdrücken. Es gelang ihm nicht, wie man sieht, und dann ist eine zufällige Reminiscenz immer besser als eine verzweifelte Selbständigkeit. Wie leicht und schön ließ sich (vom Buchstaben B an) in G moll ausruhen und dann in den Anfang, den wir bezeichneten, hinleiten. Das Störende dieses eingesetzten Stückes fällt ebenso sehr auf, wo er es Seite 14. wiederbringt, anstatt von System 5. Tact 1. gleich in das Tutti zu springen. Offenbar that er es an der letzten Stelle der äußeren Symmetrie halber, und so schon solche Rückbeziehungen und kleinere Formfeinheiten manchem großen Künstler gelingen und so ätherisch sie namentlich Beethoven hinzuhauchen weiß, so muß sich der Jüngere wohl hüten, ins Kleinliche zu fallen und durch solche zierliche Verhältnisse den innern Fluß des Ganzen zu unterbrechen.


Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Molière prüfte die Wirkung seiner Lustspiele, indem er sie seiner Haushälterin vorlas.
  2. [WS] Klavierkonzert Nr.3 h-moll op.89 (1821)