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Später gestand man Einzelnen wohl speciellere Vorzüge zu, keiner als der Cramer’schen Schule aber das Allgemeinbildende für Hand und Kopf.

Jetzt wollte man auch dem Gemüth etwas geben. Man sah ein, daß die (geistige) Monotonie dieser Etuden oft geschadet hatte, man sah auch, dem Himmel sei Dank! daß man sie nicht gerade gänseartig eine nach der andern und so fort einzulernen brauchte, um Fortschritte zu bemerken, obwohl dieselben.

Der feine Moscheles[H 1] sann nun auf interessante Charakterstücke, durch die auch die Phantasie beschäftigt würde.

Nun tritt Hummel heran. — Eusebius, ich sag’ es gerade heraus, die Etuden kommen etliche Jahre zu spät. Wirst du, wenn du reife, goldne Früchte die Fülle hast, dem verlangenden Kind bittre Wurzeln geben? Lieber führ’ es gleich in die reiche, frühere Welt seiner Werke, daß es trinke am Geist und an der Phantasie, die da in tausend Farben spielen.

Wer dürfte läugnen, daß die meisten dieser Studien meisterhaft angelegt und vollendet sind, daß in jeder ein bestimmtes Bild ausgeprägt ist, daß endlich alle in jener Meisterbehaglichkeit entsprungen sind, welche eine lange, wohlverlebte Zeit giebt? — Aber das, wodurch wir die Jugend anreizen, daß sie über der Schönheit des Werkes die Mühsamkeit es sich eigen zu machen, vergesse, fehlt durchgängig: — der Reiz der Phantasie.

Denn glaube mir, Euseb — ist auch, in Deiner

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Ignaz Moscheles (1794-1870), böhmisch-österreichischer Komponist und Pianist; neben Franz Liszt bedeutendster Klavier-Virtuose seiner Zeit und mit Schumann befreundet. Hier gemeint sind seine 24 Etudes, Op.70 (IMSLP) von 1825–26.