Clara Wieck ist die erste deutsche Künstlerin.
Daß um die Kette der Regel immer der Silberfaden der Phantasie sich schlänge!
Die Perle schwimmt nicht auf der Fläche; sie muß in der Tiefe gesucht werden, selbst mit Gefahr. Clara ist eine Taucherin. –
Sie lassen sich nicht vergleichen; sie sind verschiedne Meisterinnen verschiedner Schulen. Das Spiel der Belleville[H 1] ist bei weitem technisch-schöner; das der Clara aber leidenschaftlicher. Der Ton der Belleville schmeichelt, dringt aber nur bis ins Ohr; der[H 2] der Clara bis an’s Herz. Jene ist Dichterin, diese Dichtung.
Dem Demant[H 3] verzeiht man seine Spitzen; es ist sehr kostbar, sie abzurunden. –
Das ist der Fluch des Talents, daß es, obgleich sicherer und anhaltender arbeitend, als das Genie, kein Ziel erreicht, während das Genie längst auf der Spitze des Ideals schwebt[H 4] und sich lachend oben umsieht! –
Anmerkungen (H)
Robert Schumann: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. Georg Wigand’s Verlag, Leipzig 1854, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gesammelte_Schriften_%C3%BCber_Musik_und_Musiker_Bd.1_(1854).pdf/56&oldid=- (Version vom 31.7.2018)