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sie noch trägt, wolle man ihr lassen; sie erzählen von alten Zeiten und großen Menschen, die sie gesehen. Nicht ohne Theilnahme kann man’s betrachten.[H 1]

Die Variationshefte des Hrn. Chwatal sind fast sämmtlich instructiven Charakters und enthalten, weniges Trockne abgerechnet, allerliebste Sachen, Stübchenmusik möcht’ ich sie nennen. Musikalischen Gehalt hat W. 11 am meisten, und in diesem wieder die Einleitung. Bei der 2ten Variation fällt mir das unleidliche Quinquiliren zwischen kleiner und großer None auf, das noch vor etlichen Jahren zu den Feinheiten des Tages gezählt wurde. Der Componist, sonst ja ein gesunder Harmoniker, erinnere uns nicht mehr an jene Zeiten!

Wenn man die Variationen über ein Thema aus Aschenbrödel demselben Componisten zuschreiben muß, der vor Kurzem gestorben, und ein schätzbarer Künstler gewesen sein soll, so scheint diese Composition einer früheren Periode anzugehören, in der sich noch keine edlere Kunstansicht in ihm entwickelt hatte. Die Variationen sind unter jedem Gesichtspunct unbedeutend, und nicht einmal mit der Leichtigkeit geschrieben, die die Trivialität ähnlicher Werke in etwas vergessen macht. Hätte man sie lieber ganz unterdrückt!

Hrn. Czerny kann man nicht einholen, mit aller kritischen Schnelligkeit. Hätte ich Feinde, nichts als solche Musik gäb’ ich ihnen zu hören, sie zu vernichten. Die Fadheit dieser Variationen ist wahrhaft remarkabel.

Die zwei folgenden Componisten sind Schüler von

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Anmerkung 6: Schumann kannte den alten Böhner auch persönlich, „Sie wissen,“ schrieb er 1834 an Fricken, „daß er seiner Zeit so berühmt wie Beethoven war und dem Hoffmann als Original zu dessen Capellmeister Kreisler saß. Aber seine ärmliche Erscheinung hat mich niedergedrückt – der alte Löwe mit dem Splitter in der Tatze – das ist sie. Vorgestern phantasirte er ein paar Stunden bei mir; die alten Blitze schlugen hier und da hervor, sonst ist aber Alles dunkel und öde. Sein früheres Leben rächt sich jetzt. Er hat mit einer Keckheit und einem Stolz der Menschen gespottet, daß diese es nun umdrehen. Hätte ich Zeit, so möcht’ ich einmal für die Zeitung Böhnerianen schreiben, zu denen er mir selbst viel Stoff gegeben. Es ist zu viel Lustiges und Betrübendes in diesem Leben gewesen. So kündigte er einmal in Oldenburg Concert an – das Publicum ist versammelt und gespannt – da tritt er ans Orgelchor, beugt sich herüber und sagt: ,vor so einem albernen Publicum spielt ein Louis Böhner nicht‘. So treibt er alles. Hat er einmal ein gut Concert gemacht, so kauft er sich Körbe voll goldener Dosen; jetzt kommt ein Freund, macht ihm die bittersten Vorwürfe – flugs wirft er den ganzen Goldkram zum Fenster hinaus. Dergleichen Geschichten kenn’ ich an die hundert von ihm.“ Jugendbr. S. 254.) So viel bekannt, hat Schumann keine Aufzeichnungen über Böhner gemacht. II.493