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gegen Gemeinheit und Verkehrtheit, so lange ein Tropfen Bluts in mir, anzukämpfen.

In der Phantasie mit Weber’s Namen glaubt’ ich mich etwas von meinem Verdruß erholen zu können; aber schon auf der dritten Seite schien mir jede Note wie zurufen zu wollen „ich bin nicht von Weber.“ Und wenn man mir seine Handschrift zeigte, ja stände er selbst aus dem Grabe auf und betheuerte, daß die Phantasie von ihm, ich könnt’ es nicht glauben. Die Getäuschten thun uns herzlich leid; meine moralische Ueberzeugung kann mir aber Niemand nehmen. Man wird uns vielleicht Papiere vorlegen, niemals aber beweisen können, daß mit der Veröffentlichung eines durchaus schalen, auseinanderfallenden Musikstückes, und trüge es den Namen des Besten an der Stirne, irgend etwas gefördert ist.[H 1]

Beim Durchgehen der Compositionen von Thalberg war ich von jeher immer in einer gewissen Spannung, nicht als ob ich auf Platituden lauerte, sondern weil er sie immer so gründlich vorbereitet, daß man die kommende kahle Stelle ziemlich genau vorauszubestimmen weiß. In kleineren Compositionsgattungen, die keine so nachhaltende Energie zur Vollendung erheischen, als größere Formen, finden sich solche Stellen natürlich weniger, daher mir auch das Meiste der Notturno’s gefallen hat, wenn man vorweg von Vielseitigkeit und Großartigkeit der Erfindung absieht und dem Componisten eine gewisse Süßlichkeit nicht als Schwäche anrechnet.

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Anmerkung 7: Schumann beurtheilte das Werk richtig, denn später hat sich erwiesen, daß es ein untergeschobenes ist. (Vgl. F. W. Jähns’ „C. M. v. Weber in seinen Werken“ S. 446.) In Finks Ztg. (1836, S. 731) wurde die Phantasie als Werk Webers beurtheilt, das „den vielen Freunden des früh Verstorbenen lieb und werth“ sein werde. Rellstab fand (Iris 1836, S. 190) das Werk „sehr schön in der Erfindung“ und „mit der sicheren Hand des Meisters geschrieben.“ II.493