Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.2 (1854).pdf/228

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andere Ansprüche befriedigen müsse, als eine singende Gemeinde! Endlich hat man den Paulus sogar nicht einmal als ein protestantisches Oratorium, sondern nur als Concertoratorium gelten lassen wollen, wobei ein Gescheuter den Mittelweg vorschlug, es doch „protestantisches Concertoratorium“ zu nennen. Man sieht, Einwendungen, und auch begründete lassen sich machen, und der Fleiß der Kritik soll auch in Ehren gehalten werden. Dagegen vergleiche man aber, was dem Oratorium Niemand nehmen wird, — außer dem innern Kern, die tiefreligiöse Gesinnung, die sich überall ausspricht, betrachte man all’ das Musikalisch-Meisterlich-Getroffene, diesen höchst edlen Gesang durchgängig, diese Vermählung des Wortes mit dem Ton, der Sprache mit der Musik, daß wir Alles wie in leibhaftiger Tiefe erblicken, die reizende Gruppirung der Personen, die Anmuth, die über das Ganze wie hingehaucht ist, diese Frische, dieses unauslöschliche Colorit in der Instrumentation, des vollkommen ausgebildeten Styles, des meisterlichen Spielens mit allen Formen der Setzkunst nicht zu gedenken — man sollte damit zufrieden sein, meine ich. Eines nur habe ich zu bemerken. Die Musik zum Paulus ist im Durchschnitt so klar und populär gehalten, prägt sich so rasch und für lange Zeit ein, daß es scheint, der Componist habe während des Schreibens ganz besonders darauf gedacht, auf das Volk zu wirken. So schön dieses Streben ist, so würde eine solche Absicht künftigen Compositionen doch etwas