Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.2 (1854).pdf/267

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oft Bilder junger genievoller Maler durch die Großheit der Composition (auch der äußerlichen), durch Reichthum und Wahrheit des Colorits etc. völlig einnehmen, daß wir nur staunen und das einzelne Falsche, Verzeichnete etc. übersehen, so auch hier. Bei’m zweitenmal Anhören fingen mich schon einzelne Stellen zu quälen an, Stellen, in denen, ich will nicht sagen, gegen die ersten Regeln der Schule, sondern geradezu gegen das Gehör, gegen die natürlichen Gesetze der Harmoniefolgen gesündigt war. Dahin zähle ich nicht sowohl Quinten etc., als gewisse Ausgänge des Basses, Ausweichungen, wie wir sie oft von Weniggeübten anhören müssen. Solches wollte nun auch meinen Musikern nicht in den Kopf. Es gibt nämlich ein gewisses Herkömmlich-Meisterliches (bei Cadenzen etc.), das von der Natur anbefohlen scheint, und gründet sich darauf ein gewisser musikalischer hausbackener Verstand, der den Musikern von Profession fast durchgängig eigen. Verstößt der junge Componist gegen diesen, und wäre er noch so geistreich, so soll er nur sehen, wie sich jene vor ihm zurückziehen, ihn gar nicht wie zu den Ihrigen gehörend betrachten. Woher nun dieser Mangel an feinem Gehör, an richtiger Harmonieführung bei übrigens so großer Begabtheit, — ob der Componist vielleicht erst spät auf sein Talent aufmerksam, zu früh der Schule entnommen worden, — ob er in seiner Gedankenfülle, im Beherrschtwerden von einer meistens sehr tiefen, sinnigen Hauptmelodie der hohen Stimme die andern nicht gleichzeitig erfindet, oder ob