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das Gehörorgan wirklich fehlerhaft, — ist eine eben so große Frage, als ob dem noch abzuhelfen sei. Die Welt bekömmt vielleicht nichts von diesen Arbeiten zu sehen; wenigstens würde ich, aufrichtig gefragt, ihre Herausgabe nur mit Bitte mancher Aenderung, der Ausscheidung ganzer Sätze gestatten.[H 1] Dies sei denn dem Componisten anheim gestellt. Hier galt es nur auf ein Talent aufmerksam zu machen, dem ich keines der neuern mir bekannten an die Seite zu setzen wüßte, dessen den tiefsten Seelenkräften entsprungene Musik mich oft im Innersten ergriffen.[H 2]




Anmerkungen (H)

  1. [GJ] II.507, Anmerkung 22: Die hier genannten Werke sind später gedruckt worden, aber wohl schwerlich mit den von Schumann vorgeschlagenen Aenderungen. Um fremdem Einfluß zugänglich zu sein, war Hirschbach eine zu eigensinnige und schroffe Natur. Er veröffentlichte unverdrossen bis an sein Lebensende zahlreiche Kammermusik- und Orchesterwerke, ohne beim Publicum Theilnahme für seine Musik erwecken zu können. Die Verstandesthätigkeit war bei ihm überwiegend, wie er denn auch für einen hervorragenden Schachspieler galt.
  2. [GJ] II.507–508, Anmerkung 23: Vier Wochen vor dem Erscheinen dieses Berichts schrieb Schumann an Clara (13. Juli): „Eine große Erscheinung ist diese Woche an mir vorübergegangen; Du wirst den Namen in der Zeitschrift [unter zwei Aufsätzen] gelesen haben: Hirschbach. Er hat viel Faustisches, Schwarzkünstlerisches. Vorgestern machten wir Quartette von ihm; im Satz mangelhaft, in der Erfindung, im Streben das Ungeheuerste, was mir bis jetzt vorgekommen. In der Richtung einige Aehnlichkeit mit mir – Seelenzustände. Doch ist er viel leidenschaftlicher, tragischer als ich. Die Formen ganz neu, ebenso die Behandlung des Quartetts. Einzelnes hat mich im Tiefsten gepackt. Die kleinen Fehler überhört man bei solcher überstürzenden Phantasie. Außerdem Ouvertüre zu Hamlet, Ideen zu einem Oratorium ‚Das verlorene Paradies‘. Die Quartette sind Scenen aus Faust. Jetzt hast Du ein Bild. Dabei oft tiefste Romantik bei aller Einfachheit und rührender Wahrheit.“ An demselben Tage schrieb Schumann an Hirschbach, der von Berlin nach Leipzig gekommen war: „Wünschen Sie es, so soll meine offne Meinung über ihre Quartette in einem der nächsten ‚Quartettmorgen‘ der Zeitschrift erscheinen. Sie müßten mich als Componist kennen, um zu wissen, wie nahe wir zusammen gehen, wie ich alle Ihre Sphären obwohl mit leiserem Flügel berührt schon vor längerer Zeit. Dies lassen Sie mich noch sagen, Ihr Streben ist mir das ungeheuerste, das mir in neueren Kunstrichtungen vorgekommen, und wird von großen Kräften getragen. Einige Zweifel hege ich aber im Einzelnen und gegen Einzelnes, vorzüglich als Musiker. Ich werde Ihnen die Stellen angeben.“ Im folgenden Jahre rieth Schumann wiederholt zum Druck der Sachen. „Was ich helfen kann, thu’ ich.“ „Sie müssen Sich freilich zum Schritt entschließen und irgendwo anklopfen. Ich werde darüber nachdenken und Ihnen wieder davon anfangen.“