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und namentlich in den Violincapricen,[1] denen obige Etuden entnommen und die durchgängig mit einer seltenen Frische und Leichtigkeit empfangen und geboren sind, so viel Demanthaltiges, daß die reichere Einfassung, welche das Pianoforte erheischte, dies eher festen als verflüchtigen möchte. Anders aber, als bei der Herausgabe eines früheren Heftes von Studien nach Paganini,[2] wo ich das Original, vielleicht zu dessen Nachtheil, ziemlich Note um Note copirte und nur harmonisch ausbaute, machte ich mich diesmal von der Pedanterie einer wörtlich treuen Uebertragung los und möchte, daß die vorliegende den Eindruck einer selbstständigen Claviercomposition gäbe, welche den Violinursprung vergessen lasse, ohne daß dadurch das Werk an poetischer Idee eingebüßt habe. Daß ich, dieses zu erlangen, namentlich in Hinsicht der Harmonie und Form,[3] vieles anders stellen, ganz weglassen oder hinzuthun mußte, versteht sich eben so, wie daß es stets mit der Vorsicht geschah,


  1. Der Titel des Originals lautet: 24 Capricci per il Violino solo, dedicali agli Artisti. Op. I. Milano, Ricordi.
  2. Studien f. d. Pfte. nach Violincapr. v. Paganini. Mit einem Vorwort etc. Leipzig, Hofmeister.[H 1]
  3. Man muß wissen, auf welche Weise die Etuden entstanden und wie schnell sie zum Druck befördert wurden, um Manches im Original zu entschuldigen. Hr. Lipinski erzählte, daß sie in verschiedenen Zeiten und Orten geschrieben und von P. an seine Freunde im Manuscripte verschenkt worden wären. Als später der Verleger, Hr. Ricordi, P. zu einer Herausgabe der Sammlung aufgefordert, habe dieser sie eilig aus dem Gedächtniß aufgeschrieben etc.

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] In dem Vorwort zu den Ende 1832 erschienenen Paganini-Studien (Werk 3) heißt es: „Die Aufgabe für ihn [den Herausgebers] war: bei einer dem Charakter und den mechanischen Mitteln des Claviers angemessenen Uebertragung dem Original möglichst treu zu bleiben. Er gesteht gern, daß er mehr geben wollte, als eine blose Baßbegleitung. Denn obschon ihn das Interesse, welches die Composition an sich für ihn hatte, zur Arbeit anregte, so glaubte er auch dadurch Solospielern Gelegenheit zu geben, einen ihnen oft gemachten Vorwurf von sich abzuwenden: daß sie nämlich andere Instrumente und deren Eigenthümliches zuwenig zur Ausbildung und Bereicherung des eigenen benutzen; hauptsächlich aber hoffte er dadurch manchen sonst sehr achtbaren Künstlern nützlich zu werden, die aus Scheu gegen alles Neue von veralteten Regeln nicht gern lassen wollen. — Der Herausgeber hat nicht gewagt, an Paganinis Bezeichnung des Vortrags, so launenhaft-eigenthümlich sie ist, etwas zu ändern. Wenn er aber hier und da ergänzte oder claviermäßiger machte, d. i. daß er lang fortgesetzte halbgetragene Violinpassagen in völlig gebundene veränderte, zu große Sprünge in der Octave verkleinerte, unbequem liegende Intervalle in nähere verkehrte und dgl., so geschah dies, ohne daß das Original gerade beschädigt wurde. Nie aber opferte er eine geistreiche oder eigenthümliche Wendung einem schwierigen oder freieren Fingersatz auf“. Anm. 53, I.338–339.
    [WS] Schumann hat sich in mehreren Werken mit Paganini beschäftigt:
    • Variationen über Paganinis La Campanella, Anh. F8 (Nach 13. Oktober 1831 begonnen, vor Ostern 1832 beendet, nicht veröffentlicht), Klavierfragment
    • Sechs Studien nach Capricen von Paganini op. 3 (April bis Juni geschrieben, September 1832 veröffentlicht)
    • Sechs Konzert-Etüden nach Capricen von Paganini op. 10 (April bis Juli 1833 geschrieben, Dezember 1835 erschienen)
    • Carnaval op. 9, Nr. 17: Paganini (1834–1835 geschrieben, August 1837 veröffentlicht)
    • Klavierbegleitung zu den Capricen von Paganini, Anh. 08 (Oktober 1853 und März 1855 geschrieben, 1941 veröffentlicht)