Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.2 (1854).pdf/69

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ein Beitrag sind zur Charakteristik der Tonleiter; eben so sonderbar, daß sie alle einerlei, nämlich höchst glänzend anfangen und nur die Ruckgaber’sche in leise pp verhaucht, während die andern ordentlich wie die Sinfonia eroica schließen. Hrn. Köhler’s Phantasie zeichnet sich aber überdies durch eine organischere Form vor den andern rühmlichst aus und verräth überall solide Studien und Gedanken. Von einem Orchester, was dazu gehört, gut begleitet und mit Feuer und Liebe gespielt, was auch dazu gehört, wird sie überall applaudirt werden. Wie gesagt, es ist zu wünschen, daß erste deutsche Componisten sich auf diese Weise an und in italiänischen Componisten zu verewigen fortfahren.

Mozart, mit seligem Auge dem Allegri’schen Miserere zuhörend,[H 1] mag kaum mit mehr Spannung gelauscht haben, als unser verehrter Herz der ersten Aufführung der Hugenotten. Ihr Schelme, mochte er bei sich denken, man müßte kein Musiker sein, um nicht trotz aller Eigenthumsrechte Anderer sich das Beste und Beklatschteste einzuzeichnen hinter die Ohren – und noch spät Mitternacht setzte er sich hin und brütete und schrieb. Der Titel ist übrigens eine offenbare, jedoch dem Käufer vortheilhafte Täuschung: anstatt einer dramatischen Phantasie über „le célèbre Choral protestant intercalé par Giac. Meyerbeer dans les Huguenots“ erhält man, außer diesem, der nur einmal wie hineingeplumpt kömmt, eine Scene mit Chor, ächt Meyerbeerisch, nämlich unächt, eine Arie mit wirklich schönen Stellen, eine

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] „Im Jahre 1770 hörte Mozart in der sixtinischen Capelle zu Rom das zweichörige Miserere von Allegri. Der vierzehnjährige Knabe gab eine erstaunliche Probe seinen Gehörs und scharfer Auffassung, als er das berühmte Musikstück, von welchem nicht einmal eine Abschrift ausgegeben werden durfte, nach einmaligem Hören aus dem Gedächtniß zu Papier brachte. Ein paar geringe Ungenauigkeiten seiner Niederschrift verbesserte er während des zweiten Hörens.“ I.287–288