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Noch im Winter 1836 machte ihr L. Berger die Freude, sie zu besuchen und in ihrem Hause zu wohnen. Der Anmeldebrief möge hier als charakteristisch eine Stelle finden.

Dresden, 24. Oct. 1836.

Mein theures, bestes Jettchen, nach langem Aufschub erscheint endlich der Prüfungstag auch für Sie! Sehen Sie ihm mit ruhiger christlicher Ergebung entgegen; niemand kann seinem Schicksale entgehen. –

Noch in dieser Woche, etwa Donnerstag, Freitag, wird plötzlich jemand bei Ihnen anpochen und um einige Tage und Nächte Herberge und homöopathische Aetzung bitten, der Küchenzettel ist nicht schwierig: „Suppe und Fleisch!“ – Sein Treiben oder Vorhaben: Nächst einigen männlichen Bekannten und Freunden, die Frauen Voigt und Lipsia[H 1] zu sehen. Dann möchte er einige seiner eigenen Kinder – übel- oder wohlgerathene – dort verkaufen.[H 2] Aus gesetzmäßiger oder wilder Ehe – sie sind ziemlich, ja manche unziemlich herangewachsen und sollen ihren Weg unter den Menschen nun selbst finden lernen. Ein Paar davon führt er mit sich, die übrigen werden im Sacke verkauft, oder mit der bekannten weiland Müncheberger Thorkeule[H 3] erschlagen? –

Nun liebes Jettchen, fürchten Sie sich nicht. Besser, Sie, Ihr lieber Herr und Hausvoigt nebst Frl. Tochter[H 4] freuen sich einigermaßen im Voraus auf den Besuch Ihres alten Freundes und rufen freundlich und muthig ihm entgegen: Herein! herein! lieber guter Freund!

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Leipzig
  2. [GJ] II.211. Berger schloß mit Fr. Hofmeister wegen Herausgabe seiner sämmtl. Werke ab.
  3. [GJ] II.211. Im Thorweg des Städtchens Müncheberg (Provinz Brandenburg) ist als Wahrzeichen eine Keule abgebildet, darunter steht der Vers:
    Wer seinen Kindern gibt das Brod
    Und selbst im Alter leidet Noth,
    Den schlag’ man mit der Keule todt.
  4. [GJ] II.211. Die kleine Ottilie, noch nicht ein Jahr alt, Pathkind von Rochlitz und Mendelssohn — später Frau Dr. Gensel.