Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.3 (1854).pdf/201

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in die feinste Abstufung, Bedeutung überall, schärfster Ausdruck des Einzelnen, und über das Ganze endlich eine Romantik ausgegossen, wie man sie schon anderswoher an Franz Schubert kennt. Und diese himmlische Länge der Symphonie, wie ein dicker Roman in vier Bänden etwa von Jean Paul, der auch niemals endigen kann und aus den besten Gründen zwar, um auch den Leser hinterher nachschaffen zu lassen. Wie erlabt dies, dies Gefühl von Reichthum überall, während man bei Anderen immer das Ende fürchten muß und so oft betrübt wird, getäuscht zu werden. Es wäre unbegreiflich, wo auf einmal Schubert diese spielende, glänzende Meisterschaft, mit dem Orchester umzugehen, hergenommen hätte, wüßte man eben nicht, daß der Symphonie sechs andere vorausgegangen waren, und daß er sie in reifster Manneskraft schrieb.[1] Ein außerordentliches Talent muß es immer genannt werden, daß er, der so wenig von seinen Instrumentalwerken bei seinen Lebzeiten gehört, zu solcher eigenthümlichen Behandlung der Instrumente, wie der Masse des Orchesters gelangte, die oft wie Menschenstimmen und Chor durcheinandersprechen. Diese Aehnlichkeit mit dem Stimmorgan habe ich außer in vielen Beethoven’schen, nirgends so täuschend und überraschend angetroffen; es ist das Umgekehrte der Meyerbeer’schen Behandlung der Singstimme. Die völlige


  1. Auf der Partitur steht „März 1828“; im November darauf starb Schubert.